Stell Dir vor, Deine Lieblingsband geht fremd. Sie sagt, sie trifft jetzt andere Genres. Ihr hättet euch einfach auseinandergelebt. Rasend vor Wut reißt du die Poster von den Wänden. Du verbrennst die T-Shirts. Und am Ende löschst du ihre Nummer.
So müssen sich die Fanboys fühlen, die zum ersten Mal “analysis paralysis” hören, das neue Album von Four Year Strong. Die Band aus Massachusetts verlässt die gewohnten Pfade des Pop-Punk und fährt mit Lichtgeschwindigkeit auf dem Highway des Hardcore-Punk.
Irgendwo zwischen dem letzten Studioalbum “Brain Pain” und dem neuesten Werk aus dem Hause Pure Noise Records hat sich etwas verändert. Der Sound ist deutlich rauer geworden, es klingt jetzt eher wie Slayer als nach A Day To Remember. Die Melodien sind komplexer, die Tempowechsel dynamischer.
Wie klein der Schuh namens “Pop-Punk” für die Band geworden ist, sieht man an “Daddy Of Mine”. Der Song zündet ab der ersten Sekunde ein Feuerwerk aus Power-Riffs und explodiert im Takt von Jake Massuccos unermüdlicher Arbeit am Rhythmusgerät.
Textlich bleiben die Musiker dennoch ihrer bewährten Pop-Rezeptur treu. Alan Day und Dan O’Connor schreiben halt immer noch keine Shakespeare-Sonetten. Die Texte handeln von jungen Menschen mit alten Augen und erwachsenen Männern mit Liebeskummer. Ziemlich all over the place.
Man merkt “analysis paralysis” an, dass sie in kurzer Zeit und ohne festes Konzept entstanden ist. Die Musik ist zwar komplexer. Einen roten Faden, der die Songs wie auf einer Perlenschnur zusammenhält, sucht man jedoch vergebens.
So bleibt nach dem ersten Hören des Albums die Frage, ob man auf “Repeat” drücken möchte. Stell dir vor, Deine Lieblingsband geht fremd. Sie mag es nicht mehr so soft, sie möchte jetzt was Härteres. Aber irgendwie bist du nicht mehr wütend.
Denn auch du bist jetzt erwachsen. Du sitzt jetzt lieber im BMW als in der Bahn. Du isst jetzt lieber Pasta beim Italiener als Pizza auf der Couch. Und du hörst jetzt lieber Nick Cave als New Found Glory.