Das Ezra Collective hält nicht nur bezüglich ihres Stiles, der zwar grob dem Jazz zugeordnet werde kann, aber seine Fühler genauso Richtung Afrobeats oder Hip-Hop austreckt, wenig von Grenzen. Im ausverkauften Gloria bestand die Band gestern darauf, dass auf einen Bühnengraben verzichtet wird. Im Laufe des Abends zeigt sich gleich mehrfach, warum.

Nachdem das Venue nach einem mehrminütigen Intro vom Band um 20:30 Uhr in komplette Dunkelheit getaucht wird, erklingen die ersten Töne vom kleinen Balkon an der oberen, rechten Seite. Dort spielen sich Ife Ogunjobi an der Trompete und James Mollison auf Betriebstemperatur, während der Rest der Band auf der Bühne schon mal zu den Instrumenten greift.

Bevor sich Femi Koleoso allerdings ans Schlagzeug setzt, greift er erstmal zum Mikro. „Bevor wir loslegen möchte ich sicherstellen, dass es hier allen gut geht und alle eine gute Zeit haben. Dreht euch mal um und sagt einem völlig Fremden ‚Hallo‘ und stellt euch vor.“ Dieser Aufforderung leistet nicht nur das Publikum Folge, sondern auch die Musiker. So begrüßt Mollison, der mittlerweile seinen Weg nach unten gefunden hat, kurzerhand einen Besucher aus der ersten Reihe und schreit ihm seinen Namen ins Ohr.

Was folgt, sind 90 Minuten kollektives Ausrasten. Dabei spielt es nur eine nebensächliche Rolle, welchen Song das Ezra Collective eigentlich gerade spielt. Die Grenzen verlaufen hier schwimmend. Immer wieder tauchen Riffs aus früheren Songs auf und werden ganz selbstverständlich miteinander verflochten.

Man hat keine andere Wahl, als sich von der Freude, die die Band auf der Bühne versprüht, anstecken zu lassen. Breite Grinsen auf allen Gesichtern, während sie sich untereinander musikalisch die Bälle zuwerfen.

Keyboarder Joe Armon-Jones reißt es bei seinen Soli regelmäßig selbst vom Hocker und sein weit aufgerissener Mund ist ein guter Indikator für die kurvenreiche Achterbahnfahrt, auf die sich das Ezra Collective musikalisch immer wieder begibt.

Nach über einer Stunde ergreift der Schlagzeuger erneut das Mikrofon: „Ist es okay, wenn wir euch ein bisschen involvieren?“ Zu „You Can’t Steal My Joy / Victory Dance“ begeben sich Bassist TJ Koleoso, Mollison und Ogunjobi mit ihren Instrumente mitten in die Menge. Ein Rätsel, wie man bei einem dermaßen ausrastenden Publikum, das euphorisiert um die Musiker herumspringt und tanzt, noch so unfassbar gut spielen kann.

Dem Wunsch, in die Knie zu gehen und mit dem Countdown aufzuspringen, kommen alle nur zu gerne nach. Bass in der Hocke spielen? Offensichtlich kein Problem für Koleoso.

Obwohl das Ezra Collective mittlerweile eine größere Anzahl an Songs mit Gesang veröffentlicht hat, sprechen an diesem Abend ausschließlich die Instrumente, da das Kollektiv keine Gastsänger*innen im Gepäck hat. Langweilig wird es trotzdem zu keiner Sekunde, was nicht zuletzt an der unvergleichlichen Energie liegt, die diese fünf Musiker auf die Bühne bringen.

Ganz zum Schluss gibt es dann aber doch noch einen kleinen Mitsing-Part. Zum letzten Song „Good Gave Me Feet For Dancing“ fordert TJ Koleoso das Publikum auf, ebendiese Zeile laut zu skandieren.

Man hätte noch Stunden weiter zuhören können. Dass aber ohne Zugabe Schluss ist, merkt man daran, dass bereits die Background-Musik läuft, während die Musiker immer noch am Bühnenrand entlang schreiten und mit den ersten Reihen High Fives austauschen. Menschen mit reiner Instrumental-Musik dermaßen zum Tanzen zu bringen und zu begeistern, macht dem Ezra Collective so schnell keiner nach.

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