Circuit des Yeux saugt den Worten den Sinn aus den Knochen. Auf „Halo On The Inside“ singt die Künstlerin aus Chicago uns in Trance. Bis wir die Bedeutung der Worte vergessen.
Worte jagen ständig ihrem Sinn hinterher. Sprich sie schnell aus. Und du verstehst alles. Sag sie zu langsam. Und du verstehst gar nichts mehr. Worte sind scheue Wesen. Schau sie kurz an. Und sie erzählen dir alles. Sieh sie zu lange. Und sie verraten dir nichts.
Im Traum verlieren Worte ihren Sinn. Wir hören sie. Aber wir verstehen sie nicht. Die Worte schweben über einem weiten Moor. Von unten strecken sich Arme empor. Greifen nach den Worten. Ziehen sie hinab. In den schwarzen Abgrund von „Halo On The Inside“.
Dort wartet die Stimme von Circuit des Yeux. Ein bedrohlicher Bass. Die US-amerikanische Sängerin zieht die Worte in unendliche Längen. Zieht jede Bedeutung aus ihnen heraus.
Ihr Gesang bringt die Worte in die Tiefe des Traums. Dort unten leuchten die Dioden des Drum-Computers wie die Positionslichter eines U-Boots in Seenot. Gitarren heulen wie der Lockruf der Sirenen.
Aus der Tiefe des Traums steigen Wortblasen auf. Umhüllen uns. Lassen uns schweben. Wir hoffen. Berühren die Wortblasen. Doch die Worte platzen und verschmelzen mit der Finsternis.
Wir sinken. Tiefer. Und tiefer. Wir verlieren jedes Gefühl. Jedes Gefühl für Raum und Zeit. Jedes Gefühl für Licht und Schatten. Schwarz und Weiß vereinen sich und vertreiben uns das Augenlicht. In einem Meer aus tiefen Stimmen treiben wir blind und stumm.
Die Worte verstummen. Die Worte verschwinden. Erst aus unserem Mund. Dann aus unserem Kopf. Worte haben uns mit Luft versorgt. Jetzt atmen wir den Sinn dahinter. Den Sinn hinter den Worten. Den Sinn hinter der zufälligen Anordnung von Lauten.
Circuit des Yeux lässt auf „Halo On The Inside“ die Worte ohne Fleisch zurück. Ein wunderschönes Skelett. Das Skelett unserer Worte.
