Manche Alben wirken wie eine nächtliche Autofahrt ohne Navi – eine Reise ins Ungewisse, die trotzdem seltsam vertraut erscheint. Pippas viertes Studioalbum „Träume Auf Zement“ ist genau so ein Trip: ein hypnotischer Soundtrack für Stadtstreifzüge und innere Odysseen gleichermaßen.
Die Wiener Künstlerin Philippa Galli, bekannt als Pippa, hat sich längst vom Geheimtipp zur eigenständigen Stimme der deutschsprachigen Indie-Szene entwickelt. Mit ihrem neuen Werk bewegt sie sich nun selbstbewusst zwischen den Welten – mal verträumt-introvertiert, mal urban-elektrisierend.
Schon der Opener „Reise“ saugt dich sofort in Pippas Kosmos: keine überproduzierte Pop-Nummer, sondern eine subtile, tanzbare Einladung, den gewohnten Pfad zu verlassen. Ihre Stimme schwebt dabei wie ein seidener Faden über einem Sound-Teppich, der sowohl vertraut als auch überraschend fremd wirkt.
Was sofort auffällt: Die Songs haben etwas Filmisches. Kein Wunder, Galli ist ja auch Schauspielerin. In „Hotel Soupir“ erschafft Pippa eine Atmosphäre wie aus einem Nouvelle-Vague-Film – irgendwo zwischen Melancholie und Aufbruchsstimmung.
„Weck Mich Nicht Auf“ verbindet Piano mit elektronischen Elementen zu einem Sound, der noch lange nachhallt.
Pippa schafft es, tiefgründig und eingängig zugleich zu sein. Mit „Nie Wieder“ verneigt sie sich vor den 2000ern, während „Verstand“ dich sofort an die Blütezeit von Bands wie Wir sind Helden, Silbermond und Juli erinnert.
Besonders cool: In „Nichts Tun“ platziert sie mit „Schmiere Parolen an die Wand“ ein Zitat, das Wir-Sind-Helden-Fans direkt als liebevolle Anspielung erkennen.
Pippas Stimme bleibt das Herzstück: authentisch, verletzlich und trotzdem selbstbewusst. Sie flüstert, singt, spricht – und trifft dabei immer genau den richtigen Ton zwischen Nähe und künstlerischer Distanz.
„Träume auf Zement“ erschließt sich nicht auf Anhieb in seiner ganzen Vielschichtigkeit. Es ist wie eine Begegnung mit jemandem, der erst beim dritten Treffen seine spannendsten Geschichten preisgibt. Mit jedem Durchlauf entdeckt man neue Details, versteckte Botschaften und klangliche Finessen.
Für Fans anspruchsvoller Pop-Musik, die sowohl Kopf als auch Herz berührt, ist „Träume auf Zement“ ein absolutes Muss. Pippa hat hier nicht nur ihr bisheriges Meisterwerk abgeliefert, sondern auch ein akustisches Tagebuch geschaffen, das persönlich, poetisch und kraftvoll zugleich ist.
