Kristin Hersh hat beim Zusammenzählen ihrer Solo-Scheiben und der Throwing-Muses-Alben einen stattlichen Katalog beisammen. Blickt man ausschließlich auf das, was die Band heraus brachte, gibt es hingegen weder Rhythmus noch Kontinuität bei den Veröffentlichungen.
„Moonlight Concessions“ ist das 12. Studio-Werk der US-Eastcoast-Band in 44 Jahren und das zweite in den 2020ern. Es weicht vom Gesamtwerk vor allem durch Langsamkeit und den mitunter aufdringlichen Einsatz von Streichern ab.
Das cello-dominierte „Sally’s Beauty“ ist ein verschrobenes und düsteres Stück mit Desert-Rock-Ästhetik. Hier geht das Konzept gut auf.
„You’re Clouds“ und „Libretto“ sind weitere Tracks in dieser Richtung. „Libretto“ signalisiert schon im Titel eine Anlehnung an Klassik und Kammermusik. Diese beiden lassen kaum einen Funken überspringen.
Ansonsten machen Throwing Muses im Wesentlichen das, was man von ihnen kennt: Sich der Gefälligkeit verweigern, Melodien mehr andeuten, als sie in den Vordergrund zu stellen. Aufnahmetechnisch strahlen sie den Charme einer 1960er-Garage-Gruppe aus.
Nutzt Sängerin Hersh ihren Solo-Output fürs Pendeln zwischen Grunge und ruhigem Geschichten-Erzählen, so gehören die Gruppen-Werke mehr dem rauen Schrammen an den Gitarren.
Frei von Grunge-Weltschmerz und entsprechenden tief-melancholischen Phasen ist aber auch diese Platte nicht. Der Fokus auf Resonator-Selbstbeschäftigung der sechs elektrisch verstärkten Saiten führt in „South Coast“ dazu, dass oft alleine Kristins Stimme die Melodie trägt. Drumherum dröhnt es abstrakt.
Die Texte und Zuschnitte der knappen Songs seien dem Stil der Kurzgeschichten Raymond Carvers nachempfunden, kommentiert die Plattenfirma Fire Records. Konkrete Themen oder gar ein übergeordnetes lassen sich derweil nicht ausmachen. Anekdotische Sprunghaftigkeit spielt eine immense Rolle.
Dadurch bleibt das Album um einiges distanzierter als etwa Kristins letzter Solo-Longplayer „Clear Pond Road“, der durch Klarheit und Stringenz bestach. Jetzt eiern die Lieder der Throwing Muses vor sich hin.
So gewinnt man nach mehreren Durchläufen den Eindruck, das Kern-Trio wolle sich beweisen, dass die Song-Ideen gut seien, verspüre aber selbst keinen Spaß beim Spielen. Throwing Muses spulen ihr Programm ohne nennenswerte emotionale Ausbrüche oder einprägsame Höhepunkte herunter.
Beim Hören können rasch Ermüdungs-Effekte eintreten, „Moonlight Concessions“ wirkt seltsam ungreifbar und standardisiert. Nimmt man etwa „Theremini“, fällt es zudem schwer, in die verwaschene Abmischung und in das hypnose-taugliche, sedierende Tempo hinein zu finden.
Der Streicher-Einsatz ist manchmal zu viel des Guten. Dramaturgie oder ein roter Faden sind nicht die Stärken dieses rustikalen Albums, das manchmal so zart und getupft wirkt, als singe Rickie Lee Jones zu Riffs von Howe Gelb.