Arcade Fire waren mal das Flaggschiff einer neuen Generation des transatlantischen Indie-Rocks. Ihre Alben “Funeral” (2004) und “The Suburbs” (2010) verschraubten emotionale Wucht mit gesellschaftlicher Relevanz in einem Sound, der so episch wie dringlich ausfiel. 2025 ist die Band in einem Schwebezustand – musikalisch wie moralisch.
Das siebte Studioalbum “Pink Elephant” ist geprägt von Unsicherheit: In der Musik, in den Texten und im Selbstverständnis einer Band, die ihre frühere Souveränität verloren hat. Der Bruch hat Gründe, die über das Musikalische hinausgehen.
2022 wurde bekannt, dass mehrere Personen Win Butler, Sänger und Gesicht der Band, sexuelle Übergriffe vorwerfen. Butler wies die Anschuldigungen als einvernehmliche Beziehungen zurück, sprach von „Missverständnissen“, doch der Schaden war angerichtet. Musikerin Leslie Feist brach eine gemeinsame Tour 2023 nach wenigen Konzerten ab, das kollektive Selbstbild von Arcade Fire geriet ins Wanken.
Die Reaktion darauf war keine öffentliche Auseinandersetzung, sondern Rückzug. “Pink Elephant” entstand in diesem Kontext – und man hört es der Platte an. Es klingt wie der Versuch, sich dem eigenen Status und der eigenen Geschichte zu entziehen. Statt hymnischer Arrangements dominieren diffuse Klangflächen, sphärisches Rauschen, fragmentierte Songformen.
Einzelne Tracks wie „Alien Nation“ oder „Beyond Salvation“ mäandern durch unterschiedliche Stimmungen, finden aber selten zu einem klaren Ausdruck. Die Kanadier tasten sich voran, ohne ein Ziel zu benennen.
Selbst eine Vorabsingle wie der Titelsong wirkt seltsam unentschlossen und gibt mit Zeilen wie „Don’t think about the pink elephant / Take your mind off me“ einen beinahe unfreiwilligen Kommentar zum offensichtlichen, unausgesprochenen Thema.
Die stärksten Momente gelingen Arcade Fire, wenn sie sich zumindest musikalisch fokussieren:
„Year Of The Snake“ greift melodisch und rhythmisch auf vertraute Muster zurück, „Stuck In My Head“ am Ende des Albums überzeugt mit kompositorischer Klarheit und emotionaler Dichte.
Doch das reicht in Summe trotzdem nur zum bisher schwächsten Album in der Karriere einer Band, die zwischen Verarbeitung und Verweigerung feststeckt.