Auf der Suche nach unangepassten und rohen Indierock-Klängen wird der Fan der Branche dieser Tage im fernen Chicago fündig. Dort spielt sich das Trio Lifeguard seit mittlerweile sechs Jahren die Finger wund. Mit ihrem zweiten Album „Ripped And Torn“ begeistert das Trio Kritiker und Fans gleichermaßen. Kurz vor der Veröffentlichung ihres neuen Studioschaffens trafen wir uns mit dem Bassisten und Sänger Asher Case zum Interview und sprachen über kreativen Zusammenhalt, kryptische Bildsprache und spannende Wechselspiele auf Tour.
MusikBlog: Asher, vor vier Jahren habt ihr euer erstes Album noch im Selbstvertrieb veröffentlicht. Wie fühlt es sich jetzt an, wenn man ein richtiges Label an der Seite hat?
Asher Case: Ja, das ist schon ziemlich cool und aufregend. Als wir unser erstes Album herausbrachten, standen wir noch ganz am Anfang unserer Entwicklung. Natürlich haben wir uns damals gefreut, aber wir wussten auch, dass noch ein weiter Weg vor uns liegt. Wir haben die erste Platte an einem Tag im Studio eingespielt. Viel mehr war nicht drin. Jetzt ist alles anders. Wir hatten viel Zeit für das Album. Und wir hatten ein strukturiertes und tolles Umfeld. Jetzt sind wir natürlich super gespannt und können den Releasetag kaum erwarten.
MusikBlog: Ihr habt im letzten Jahr unheimlich viel erlebt. Ihr habt eine EP veröffentlicht, dann wart ihr mit Horsegirl auf Tour und habt nebenbei auch noch das neue Album produziert und aufgenommen. Das klingt nach viel Arbeit, aber auch nach viel Spaß, oder?
Asher Case: Die letzten Monate waren wirklich überwältigend. Das Gute ist, dass wir drei dieselben Wünsche und Träume teilen. Wir sind stets kreativ, wenn wir zusammen sind. Das beflügelt jeden einzelnen von uns ungemein. Wir haben nur ganz selten verschiedene Meinungen. Meist kommen wir schnell zur Sache und auf einen Nenner. Das hilft uns natürlich total in unserer Entwicklung als wachsende Band.
MusikBlog: Wenn man sich eure facettenreiche und außergewöhnliche Musik anhört, dann ist es umso erstaunlicher, wie harmonisch alles bei euch abläuft. Wie funktioniert das?
Asher Case: (lacht) Es passiert einfach. Viel mehr steckt da nicht hinter. Wir drei kommen aus so unterschiedlichen musikalischen Ecken. Aber wir sind total offen, wenn es um den Sound der Band geht. Wir bringen die verschiedensten Stile und Genres an den Tisch. Der eine hört gerne Rock und elektronische Musik. Der andere hört Folk. Der Dritte steht auf Dub und Ambient-Sounds. Das alles schmeißen wir zusammen. Und dann kommt dann am Ende genau die Musik dabei raus, mit der wir uns alle wohlfühlen.
MusikBlog: Gibt es einen thematischen roten Faden auf dem Album?
Asher Case: Wir haben bisher immer eher mit Bildern gearbeitet, wenn es um die Texte ging. Es ging uns immer weniger um Geschichten, sondern mehr um eine visuelle Verbindung. Diesmal habe ich aber auch ein paar Sachen mit eingebunden, die auch einen Bezug zu meinen Erfahrungen in den letzten Jahren aufbauen. Es geht aber immer noch primär um eine ganz bestimmte Bildsprache.
MusikBlog: Wie wichtig ist dir der Prozess des Schreibens?
Asher Case: Das Schreiben der Songs ist schon ein besonderer Bestandteil des Großen Ganzen. Wir schreiben und proben nun schon seit über sechs Jahren im Haus von Isaac, unserem Drummer. Das ist für uns alle ein ganz spezieller Ort. Wir spielen einfach drauf los, nehmen die Sachen dann auf und hören sie uns am Ende des Tages dann an. Das ist immer ein ganz besonderer Moment, wenn man sich später anhört, was man am Tag so alles fabriziert und eingespielt hat. Ich mag diesen Part sehr. Diesmal waren wir zum ersten Mal in einem richtigen Studio. Das war natürlich auch super spannend. Wir haben viel mit neuen Instrumenten ausprobiert. Das war eine tolle Erfahrung.
MusikBlog: Erinnerst du dich denn noch an euer erstes musikalisches Treffen in Isaacs Haus?
Asher Case: Ja, das war ziemlich aufregend. Isaac und Ich, wir waren zuvor schon ein bisschen zu Gange, unser Gitarrist Kai stieß dann dazu und wir haben Coversongs gespielt – ich glaube, den ganzen Tag lang. Das war ziemlich cool.
MusikBlog: Ihr habt im vergangenen Jahr den Wipers-Klassiker „Telepathic Love“ als Coversong aufgenommen. Welche Band oder welchen Künstler würdest du aussuchen, wenn es darum ginge, einen Song von euch zu covern?
Asher Case: Oh, das ist spannend. Lass mich kurz überlegen… Ich würde vielleicht Anika nehmen. Ich mag ihre Songs und ihre Coverversionen. Sie verändert das Original total und schafft so etwas ganz Neues. So etwas gefällt mir.
MusikBlog: Kurz nach der Bandgründung musstet ihr pandemie-bedingt erst einmal kräftig auf die Bremse treten. Wie waren die Wochen nach dem ersten Lockdown für euch?
Asher Case: Das war alles schon sehr seltsam und befremdlich. Wir haben so lange keine Konzerte spielen können. Und dann hatten wir unseren ersten Gig nach der Pandemie in einer kleinen Stadt in der Nähe von Chicago. Das war so ein Outdoor-Barfestival-Event. Es hat total geregnet und wir hatten zwei Sets mit je 45 Minuten Spielzeit. Das war auf einmal so viel Live-Musik für uns. Aber es war cool, ein richtiger Rausch, den wir alle total genossen haben.
MusikBlog: Apropos live: Ihr werdet demnächst auf Tour gehen, auch hier in Deutschland. Was können die Leute von euren Shows erwarten?
Asher Case: Ich denke, dass es sehr intensiv wird. Wir stehen sehr gerne auf der Bühne und lassen uns von der Atmosphäre treiben. Wir schreiben die Setlist jeden Abend neu. Das macht es auch für uns immer wieder total spannend. So hat man auch jeden Abend eine andere Dynamik auf der Bühne. Wir finden das einfach toll. So ist jedes Konzert irgendwie einzigartig.
MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.