Ein Druck auf den Play-Button – und schon befinden wir uns im hektischen Treiben der nordafrikanischen Millionenstadt Marrakesch. Zu verdanken haben wir diese klangliche Exkursion Guedra Guedra und dessen neuem Album „Mutant“.
Hinter dem Künstlernamen Guedra Guedra verbirgt sich der in Casablanca geborene DJ und Produzent Abdellah M. Hassak, der schon in den Nullerjahren unter dem Pseudonym Dubosmium als experimentierfreudiger Musiker erste Bekanntheit erreichte.
Mit „Mutant“ setzt Guedra Guedra nun die Arbeit an seinem ambitionierten Projekt fort, die vielfältigen Klänge des afrikanischen Kontinents aufzufangen und in einem Netzwerk aus Samples und Referenzen in einen Teppich aus elektronischer Musik einzuweben.
Die Sogkraft dieser aufregenden Mixtur entfaltet sich schon im Opener. In „Drift Of Drummer“ kombiniert Guedra Guedra eine Vielzahl aus Stimmen mit einer so schlagkräftigen wie verspielten Drumline. Das Resultat: ein atemberaubendes Klanggemälde einer pulsierenden Großstadt.
Ein wenig entspannter – aber genauso trickreich – erklingt „Paradigm“, das zweite Stück des Albums. Hier wird der Gesang von Frauenstimmen, das beständige Rasseln eines Shakers und ein ganzes Arsenal elektronischer Spielereien in einer bunten Collage vereint.
Die auf „Mutant“ versammelten Songs sind eine Liebeserklärung an die rauschhafte Rhythmik des Lebens. Dass sich dabei nicht jedes Stück dem von konventioneller Popmusik ermüdeten Gehörgang sofort erschließt, macht den halb-fremden, halb-vertrauten Guedra-Sound nur umso inspirierender.
Obwohl am Puls der Zeit, bleibt der Bezug auf das Alte ein entscheidender Punkt im Schaffen des marrokanischen DJs. Dies steckt schon in seinem Künstlernamen. Denn „Guedra“ bezeichnet nicht nur einen traditionellen südmarokkanischen Sitztanz, es ist auch der Name der zur Begleitung jenes Tanzes geschlagenen Tontrommel.
Solche kulturellen Praktiken zu bewahren und sie gleichzeitig für die Tanzflächen afrikanischer und europäischer Clubs urbar zu machen, ist der ambitionierte Anspruch des in Marrakesch lebenden Künstlers.
Auf „Mutant“, einem so vielschichtigen und lebendigen wie kraftvoll-geladenen Kunstwerk, löst er diesen Anspruch eindrucksvoll ein.