Da musste was raus: Die einstige Savages-Sängerin Jehnny Beth geht auf ihrem neuen Album „You Heartbreaker, You“ überraschend ungestüm zur Sache und mit der Welt hart ins Gericht. Damit ist sie näher an Brody Dale als an ihrer einstigen Hauptband.
Die wie gewohnt mit ihrem Partner Johnny Hostile entstandenen Songs teilen sich dabei grob in zwei Kategorien. Es gibt jene, die mit einer Melodie an einem geringfügigen Hörreiz Interesse zeigen, allen voran „Out Of My Reach“, wo Beth nach einer härtere Version von Liz Phair anmutet. Sie sind eindeutig in der Unterzahl.
Und es gibt es jene, die auf kantige, häufig bass-lastige Rockriffs setzen, bei denen nicht selten lärmende Industrial-Percussions argumentative Unterstützung leisten, wo Beth den Feminismus heraus schreit und die Zerrissenheit unserer Zeit ins Visier nimmt – ein Zeitalter voller Drama und Tragödien.
Es beginnt mit einem archaischen Aufschrei im Opener „Broken Rib“, der erste Song, das erste Statement, ein brutaler Weckruf. Wenn die Französin, die mit bürgerlichen Namen Camille Berthomier heißt, im raubürstigen „Obsession“, obendrein die Krallen ausfährt, entstehen Songs so zurückweisend wie Stacheldraht.
Die begründete Verachtung für unsere Spezies trägt dann „No Good For People“ bereits im Titel. Ein Song, der mit der unterkühlten Industrial- und Electroclash-Attitüde auch entsprechend unwirtlich ausfällt und Orte zeichnet, an denen man ungern verweilt.
Noch einen Schritt weiter auf den Abgrund geht „High Resolution Sadness“ zu, wo Beth stimmlich beinahe nach Jonathan Davis und dem depressiv-masochistischen Nu-Metal vergangener Tage klingt. Aus dieser Perspektive ist „You Heartbreaker, You“ auch ein Album, das die Geschlechterrollen umkehrt.
Dass sie mit der Aggressivität dieses Stils auch im eigenen Lager herausfordernd aneckt, zumindest musikalisch, scheint nur logisch. Angenehmes stand schließlich noch nie auf ihrer künstlerischen Roadmap.
Die vielbeschäftigte Musikern, die neben Soloalben etliche Kollaborationen vorzuweisen hat, etwa mit Primal-Scream-Sänger Bobby Gillespie, den Gorillaz, Julien Baker oder Idles, und darüber hinaus als Schauspielerin, Autorin und Radiomoderatorin tätig ist – sie setzt mehr denn je auf Statement statt Wohklang.
