Berufswünsche und das was daraus wurde. Paul Janeway wollte Prediger werden, was er letztendlich auch geworden ist, jedoch nicht in der gedachten Form. Als Frontmann von St. Paul & The Broken Bones beweist er seit 2011 mit leidenschaftlichen Auftritten und seiner krähenden Stimme, welche Qualitäten er auch von der Kanzel predigend gehabt hätte. Doch Janeway gefällt sich auch als Entertainer, wenn er mit überlangen, glitzernden Umhängen auf die Bühne tritt.
Die achtköpfige Band aus Birmingham, Alabama hat sich gemeinsam mit Adele-Produzenten Eg White in die FAME Studios zurückgezogen, um ihr selbstbetiteltes, sechstes Album einzuspielen. Nach dem sehr persönlichen „Angels In Science Fiction“ von 2023 kehrt die Band mit zehn soul-strotzenden Songs zurück.
Auch wenn die Singleauskopplung „Sushi And Coca-Cola“ zu hinterfragen ist, ist sie ein rhythmischer Einstieg ins moderne Schaffen der Band. Der Refrain greift, Sänger Paul Janeway hingegen hat die Handbremse angezogen.
Glücklicherweise lässt er das danach bleiben und so glänzt „Fall Moon“ nicht nur mit spritzigem Pianospiel und schmissiger Bläsersektion, auch Janeways röhrendes Organ findet mit „I miss you baby“ Sehnsuchts-Äußerungen Gehör.
Die Band weiß, sich richtig zu präsentieren, so stellen Solis das Können des vielköpfigen Ensembles unter Beweis, wie beim großartigen „Seagulls“ etwa. Die Bläsersektion und die moogende Orgel schiebt diesen locker getakteten Song gutgelaunt auf Janeways Präsentierteller. Dieser zeigt sich fingerschnippend, im Rhythmus wiegend, elegant croonend, bis das bräsige Bläsersolo dem Titel Charakter verleiht.
Den hat auch „Ooo-Wee“, das die Sixties und Motownklassiker mit begleitenden Soulsängerinnen wiederaufleben lässt, während die restliche Band das Dasein mit schmissigen Soul-Rhythmen und einem kratzigen Gitarrensolo feiert.
Die Spielfreude hat der Band noch nie gefehlt, so finden selbst instrumental reduzierte Intros wie bei „Sitting In A Corner“ ihren Weg in die Eingängigkeit.
Wenn die komplette Rhythmussektion aktiv wird, kann man sich dem Chorus nicht erwehren und findet sich – die Extremitäten bewegend – auf der nächsten zur Verfügung stehenden Tanzfläche wieder.
Eben diese umstreunert „I Think You Should Know“ eher, auch wenn der Groove sich am Funk nährt. Janeway stärkt sein Selbstbewusstsein nicht nur textlich und schont seine Stimme für „Nothing More Lonely“.
Mit der Bläsersektion liefert er sich darin einen Wettkampf um Moll- und Dur-Töne, zeigt sich gewohnt leidenschaftlich und erzeugt doch nicht die Gänsehaut, die „Stars Above“s göttlicher Refrain auslöst:
Ein mit Spannung geladenes Intro aus Sixties-Beat und fiebrigen Streichern löst sich mit dem souldurchfluteten Einsatz von Janeways emotionaler Ausnahmesituation auf. Krächzend fordert er „Take me to the chapel“ und vereint auf dem Weg dorthin Gospel mit Siebziger Jahre Soul- und Psychedelic-Rock.
To „Change A Life“ schafft die Band mit ihrer Musik durchaus. Auch wenn in diesem Titel noch als Frage gestellt, sorgt Paul Janeways kraftstrotzender Gesang für ein Ausrufezeichen. Die souveräne Begleitung von Streichern und Leadgitarre lassen mit zunehmender Spieldauer eine klangintensive Komposition erstehen, die auch das zum Ausgang begleitende „Going Back“ trotz des balladesken Ansatzes noch durchzieht:
Auf den Takt der Pianotasten fixiert, begibt sich Janeway schweren Schrittes auf die Suche nach dem Ursprung seiner Schmerzen, mit denen er seinen Frieden schließt.
St. Paul & Broken Bones legen mit ihrem sechsten Longplayer die Messlatte für leidenschaftlichen Soul auf ein neues Hoch. Paul Janeways extrovertierter, extravaganter Gesangseinsatz mag bestimmend wirken, doch die wahre Stärke liegt im homogenen Sound des Oktetts. Ob berührende Pianoballade oder groovender Tanzbeinschwinger, die Musiker begeistern mit facettenreicher Spielfreude.