Es gibt Konzerte, die man besucht, und es gibt Konzerte, die einen besuchen. The Hives gehören zur zweiten Kategorie. Am gestrigen Freitagabend demonstrierten die Schweden im Leipziger Haus Auensee, dass Garage-Rock im Jahr 2025 weniger nostalgisches Relikt als vielmehr hochexplosive Gegenwartskunst sein kann – vorausgesetzt, man trägt die richtigen Anzüge.

Nach der Vorband Yard Act betraten The Hives die Bühne in schwarzen Anzügen, deren Ärmel und Schultern mit illuminierten Streifen verziert waren. Man könnte von futuristischer Opernästhetik sprechen, wäre da nicht diese schiere Lebendigkeit, mit der Frontmann Howlin‘ Pelle Almqvist und seine Mitstreiter das Leipziger Publikum traktierten.

„Enough Is Enough“ – der Opener trug seinen Titel wie eine Kampfansage. Beim zweiten Song „Walk Idiot Walk“ sprang Gitarrist Nicholaus Arson in den Fotograben, eine kinetische Ekstase in Anzughose, die von der Absperrung aus die Menge anheizte. Welch eine Ironie – ausgerechnet ein Song, der zum idiotischen Gehen auffordert, brachte alle zum ekstatischen Stillstand.

Almqvist selbst erwies sich als Zeremonienmeister zwischen Größenwahn und Gemeinschaftsgeist. Er feierte das Konzert, die Band und auch ein bisschen sich selbst – mit einer Selbstverständlichkeit, die irgendwo zwischen sympathischer Chuzpe und leichter Narretei schwankte.

Gleichzeitig ließ der Frontmann das Publikum wiederholt wissen: Mehr Einsatz, bitte! Eine interessante Methode: Die Zuschauer*innen gleichzeitig anfeuern und fordern und sie so zu Komplizen der eigenen Großartigkeit machen.

Durch „Rigor Mortis Radio„, „Main Offender“ und „Hate To Say I Told You So“ arbeiteten sich The Hives durch ein zeitumspannendes Set, 20 Jahre alte Songs kennen keine Verfallsdaten. „Bogus Operandi“ und „Here We Go Again“ trafen auf „Countdown To Shutdown“ – ein eineinhalb-stündiger Greatest-Hits-Parcours, der zu keiner Zeit wie Pflichtübung klang.

Beim letzten Titel des Hauptteils, „Tick Tick Boom“, katapultierte sich Per Almqvist schließlich selbst ins Publikum. Das Crowdsurfing war die logische Konsequenz eines Abends, an dem die Grenze zwischen Bühne und Menge längst verwischt war.

Die Zugaben „Legalize Living„, „Bigger Hole To Fill“ und das selbsterklärende „The Hives Forever Forever The Hives“ vom kürzlich erschienenen neuen Album waren dann pure Selbstvergewisserung.

Muss Rock bescheiden sein? The Hives beantworteten diese Frage gestern Abend mit einem schallenden Nein. Und irgendwie hat man ihnen genau das auch gegönnt.

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