„Wir sind gestorben, als wir anfingen, dieses Album zu schreiben“, verkünden Sorry. Und tatsächlich: Wer auch immer sich auf „COSPLAY“ hinter dieser Band verbirgt, es sind nicht mehr dieselben Menschen, die 2020 mit „925“ debütierten.
Die Londoner um Asha Lorenz und Louis O’Bryen haben sich von allem befreit – von Glamour, Politur und jeglicher Maske. Übrig bleibt das pure, rohe Gesicht einer Band, die ihre eigene musikalische Schizophrenie zelebriert.
Das dritte Album von Sorry ist ein wilder Ritt durch eine Topografie, die es so eigentlich gar nicht geben dürfte. Das Album klingt unverkennbar britisch und theatralisch wie die goldene Ära von Panic! At The Disco oder My Chemical Romance, nur eben ins Heute gezerrt.
Der Bass dröhnt bedrohlich, die Gitarren kratzen verzerrt an den Ohren. Und dann dieser Gesang: holprig, schludrig, uneben – als würde jemand absichtlich gegen die Regeln singen, nur um zu beweisen, dass es auch anders geht.
Man braucht ein paar Songs, um sich an diesen merkwürdigen Sound zu gewöhnen. „Echoes“ beginnt noch harmlos mit fröhlichem Gitarrengeklimper, bevor sich der Track in düsteren Grunge-Rock verwandelt. „Jetplane“ kontert mit skurrilem Pop, bei dem Kauderwelsch und schweres Atmen zu rhythmischen Elementen werden.
„Love Posture“ ist komplett überfordert mit sich selbst: schleppender Beat, Wolf-Geheule im Hintergrund, Klangschicht über Klangschicht. Chaos? Absicht! Die musikalischen Nuancen und Einflüsse sind kaum zu zählen – Sorry werfen alles in einen Topf und rühren kräftig um.
Dass Sorry aber mehr können als nur verwirren, beweist die herzzerreißende Ballade „Antelope“ oder „Candle“, wo die Band endlich mal kohärent klingt – ohne dabei langweilig zu werden.
„Waxwing“ schickt Trip-Hop-Vibes à la Emilíana Torrini ins Rennen, während „Magic“ mit Trommelwirbeln und einem kindlichen Chor endet, der „Magic!“ brüllt, als wäre es das Zauberwort für dieses ganze Durcheinander.
Den perfekten Abschluss bildet „JIVE“: eine trippige, düstere Slow-Dance-Nummer für einen Steampunk-Ball, bei dem man förmlich die Gruppenchoreografie vor Augen hat.
Ein Album für Außenseiter*innen, Misfits und alle, die bereit sind, sich auf etwas Unbequemes einzulassen. „COSPLAY“ ist definitiv kein bloßes Verkleidungsspiel – hier zeigt eine Band ihre rauen Kanten und macht genau das zu ihrer Stärke.
