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Placebo – Loud Like Love

Placebo „My Computer thinks I’m gay, I threw that piece of junk away“, singt Brian Molko in der ersten Zeile der Single “Too Many Friends”. In dem Song dreht sich alles um soziale Netzwerke wie Facebook und die Frage: Wie viele Freunde kann ein Mensch in sozialen Netzwerken haben – und wie viele davon sind ‚echte‘ Freunde? Der Sänger beschäftigt sich dabei eingehend mit den Themen Einsamkeit und Freundschaften in der heutigen Zeit – eigentlich gängige Themen von Placebo, die schon immer für eher düstere Texte standen. Doch „Too Many Friends“ stellt von der Stimmung her eine Ausnahme auf dem Album dar.

Vier Jahre werkelten Placebo nach dem letzten Album „Battle For The Sun“ am Nachfolger – Zeit um ein Fazit des bisherigen Schaffens zu ziehen und wohl auch Zeit, die eigene musikalische und textliche Stilrichtung zu hinterfragen. Denn das siebte Studioalbum „Loud Like Love“ dürfte das positiv ausgerichteste aller bisherigen Placebo-Alben sein. Die melancholischen, vertrackten Songs, sind einer Musik gewichen, die man fast schon als Feel-Good-Music bezeichnen könnte. Bestes Beispiel hierfür ist der Titelsong „Loud Like Love“, der gleich zu Beginn die positive Stilrichtung vorgibt.

Der gebürtige Belgier Brian Molko war von jeher für die Alternative-Einflüsse in der Band zuständig, während Bassist Stefan Olsdal den Industrial- und Elektrosound in die Placebo-Alben einbrachte. Viele der Songs auf „Loud Like Love“ waren ursprünglich für ein Brian Molko-Soloalbum vorgesehen gewesen. Letztlich entschied man sich aber stattdessen für ein Bandalbum – sicher auch mit dem 20-jährigen Bühnenjubiläum 2014 im Hinterkopf. Die positive Grundstimmung ging nun auch auf die Band über und ganz nebenbei dominiert so der Alternative-Rock mit Popeinschlag auf „Loud Like Love“ mehr als auf allen bisherigen Placebo-Alben.

Das Fehlen der melancholischen, depressiven Seite Placebos sorgt dafür, dass es auf „Loud Like Love“ kaum mehr die typischen Gitarrenausbrüche gibt. Stattdessen finden sich auf dem lediglich zehn Lieder umfassenden Album erstaunlich glatt gebügelte Songs, die kaum mehr die berühmten Ecken und Kanten aufweisen. Dadurch erscheinen die Lieder zwar sehr eingängig und gehen wie „Hold On To Me“ schnell ins Gehör, werden aber sicher auch viele Fans der ersten Stunde vor den Kopf stoßen. Lediglich „Exit Wounds“ und „Purify“ erinnern stellenweise an frühere Placebo-Alben.

In „Rob The Bank“ ruft Brian Molko zum Banküberfall auf sämtliche Banken weltweit auf – mit anschließendem Liebemachen: „Rob the bank of the entire Eurozone, Rob the bank of Mexico and Canada. Rob the bank – then take me home. Take me home, to make love.” Die gegen die Finanzwelt gerichtete politische Botschaft  spielt hier aber lediglich eine Nebenrolle, denn auf „Loud Like Love“ dreht sich alles um die Liebe. Durch diese enorme Liebes-Fokussierung und die fehlenden Wutausbrüche wirkt das textlich und musikalisch an einigen Stellen ziemlich kitschig. Zu diesem Bild tragen auch die ewig vorherrschenden Synthesizer und Streicher bei – die vielschichtigen Pianoklänge verstärken diesen Eindruck nur noch.

Einfluss dürfte auch Produzent Adam Noble gehabt haben, der ansonsten mit Musicacts wie Coldplay und Robbie Williams zusammenarbeitete. Ein Erfolgsrezept mit Kalkül: Die stark erhöhte Dosis Pop auf „Loud Like Love“ dürfte Placebo europaweit Plätze in den Top 5 bescheren. „Bosco“ beendet als Pianoballade mit fein austarierten Streichern das Album und bringt Brian Molkos herausragende Stimme noch einmal zur Geltung.

Was bleibt, ist ein zwiespältiges Bild. Kritiker dürften auf die gefundene Reife der Band hinweisen. Vielleicht sind Placebo nach 20 Jahren als Band aber auch einfach alt geworden. Alt, aber glücklich.

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