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Connan Mockasin – Live im Frannz Club, Berlin

Wahre Unikate gibt es im Popbusiness wenige. Connan Mockasin kann sich jedoch zweifelsohne mit selbiger Bezeichnung schmücken und ist darüber hinaus so etwas wie ein Paradiesvogel mit vielen bunten Facetten, die er nach Belieben wie ein Federkleid abwirft oder neu stutzt.

Dass der Name hierzulande noch nicht in aller Munde ist, kann daran liegen, dass der in Neuseeland geborene Wahl-Londoner bisweilen als mysteriös und leicht verschroben gilt und gleichzeitig schwer greifbar scheint, was seine musikalische Ausrichtung angeht.

Auf seinen zwei Alben “Forever Dolphin Love” und “Caramel” schwelgt der Blondschopf höchst eigenwillig im luftig-süßen Psychedelic-Dream-Pop und verleiht seinen Songs obendrein gerne eine Soul-, Jazz- oder Ambient-Atmosphäre, die er auch live bei seinen Konzerten in Windeseile verbreitet.

Mockasin, der u.a. schon als Vorband von Radiohead bzw. als Backing-Band von Charlotte Gainsbourg auf den Bühnen der Welt unterwegs war, legte auf seiner “Caramel-Tour” nun auch endlich einen Zwischenstopp in Deutschland ein. Im ausverkauften Frannz Club lag ihm das Publikum ab der ersten Sekunde zu Füßen.

Normalerweise ist das Erscheinungsbild eines Musikers im Indie-Bereich eher Nebensache, doch bei Connan Mockasin sei erwähnt, dass man sich doch schon sehr an eine Mischung aus Andy Warhol und Klaus Kinski erinnert fühlt. Kurzum Avantgarde meets Extrovertiertheit – in jeglicher Hinsicht.

Noch ins Schummerlicht getaucht, huschte der Caramel-Sänger etwas schüchtern dreinblickend auf die Bühne und erinnerte seinem Aussehen nach samt platinblonden Wuschelbob, schwarzem Rollkragenpullover, Lackschuhen und übergeworfener Lederjacke ein wenig an das elitäre Bild des Warhol-Banausen und New Yorker Factory-Mitglieds. Zusammen mit dem äusserst blassen Gesicht ein fast schon geisterhafter Look.

Passend dazu wirkte das Konzert dann auch wie eine lange Traumsequenz, in der es hier und da spukte und die auch gerne einmal von längeren Jam-Sessions abgerundet wurde. Da in Träumen bekanntlich alles passieren kann, war man auch 75 Minuten am Stück darauf gefasst, Ungewöhnliches oder Verwirrendes vorgesetzt zu bekommen.

Fragezeichen blieben allerdings beim hoch angesetzten Unterhaltungsfaktor keine im Kopf. Vielmehr schien das Publikum nach allerhand Bizarrem zu dürsten, was ihm dann auch prompt auf Bühnenseite präsentiert wurde. Und da kam das angehauchte Schlafzimmer-Feeling auf musikalischer Ebene gerade recht als Ausgangspunkt für allerhand Schabernack.

Fragt man sich auf Platte oftmals kichernd hinter vorgehaltener Hand “Meint der das wirklich ernst?”, wenn schlüpfrige Vocals auf zuckrige Synthieflächen treffen, dann gibt es da zumindest live etwas Entwarnung.

Connan Mockasin hatte auf der Bühne im Frannz Club auch stellenweise seine Probleme, die Fassung zu bewahren und schien sich über das eigens kreierte Szenario selbst bestens zu amüsieren. Erst recht, wenn er gut gelaunt die Zuschauer dabei beobachtete, wie sie in einer Art Sinnesrausch entzückt den ganzen Körper zum Tanzen brachten.

Einem weiblichen Fan brachten ihre genüsslichen Bewegungen direkt vor Monsieur Mockasins Nase sogar eine extra Betonung der Zeile “Please take it off, please take it off” mit Blickkontakt ein, als dieser belustigt “It’s Choade My Dear” anstimmte und die Dame scherzhaft dazu anregen wollte, die Jacke auszuziehen. Genützt hat es aber nichts – die Jacke blieb an Ort und Stelle.

Hochgezogene Mundwinkel gab es sowohl auf als auch vor der Bühne so weit das Auge reichte. Mockasin gab sogar zu, schon lange nicht mehr so viel bei einem Konzert gesprochen zu haben (“Berlin, you bring it out of me!)” und interagierte über den ganzen Abend hinweg wunderbar leicht und humorvoll mit dem Publikum, das ohnehin gebannt an seinen Lippen hing.

Da der guten Stimmung im Club irgendwann keine Grenzen mehr gesetzt waren, streute er zwischendurch auch mal magische Tricks zur Erheiterung aller ein, indem er seine Handflächen aneinander rieb und die elektrische Spannung nutzte, um seine Haare wie von Zauberhand zu bewegen.

Für einen noch größeren Kreischalarm sorgten allerdings die Songs selbst, die jeweils schon beim ersten Erklingen der Töne mit so viel Enthusiasmus gefeiert wurden, dass selbst die Band nicht schlecht über das ausserordentliche Feedback staunte. Vor allem “I’m The Man That Will Find You”, “Caramel” oder “Do I Make You Feel Shy” des aktuellen Albums “Caramel” ernteten wahre Begeisterungsstürme.

So schaukelten sich Band und Publikum im Verlauf des Abends immer weiter aneinander hoch, so dass Connan Mockasin sich auch mal samt Gitarre mitten in die Menge wagte, um die im entgegengebrachte Zuneigung im 360° Winkel zu spüren.

Gegen Ende des Sets gesellte er sich dann ein weiteres Mal ganz nahe zu den Fans, indem er plötzlich rappend versuchte, den immer schneller werdenden Takt stimmlich einzuholen, was man seinem vergleichsweise sartbesaiteten Organ gar nicht mal zugetraut hätte.

In Ausnahmezuständen wächst eben auch ein Künstler mal gerne über sich hinaus. Oder veranstaltet zum Finale eines fulminanten Konzertabends den nächsten Spaß in Kooperation mit den begeisterten Fans: einen spontan aus der Taufe gehobenen Catwalk inmitten der Zuschauer!

Während Connan zufrieden und heiter die Menge dazu aufruft, einen Catwalk zu bilden, hüpft seine weibliche Bandkollegin im weissen Spitzendress und wallendem Haar auf dem imaginären Laufsteg nach Lust und Laune herum und greift sich das passende Arm-Candy oder überlässt ganz den Fans das Rampenlicht.

Der Zuspruch war dementsprechend groß, denn wann untermalt Herr Mockasin höchstpersönlich schon einmal stimmlich balzend den eigenen Wiegeschritt und schaut einem auch noch prüfend auf die Füße? Eben.

Wie es bei solchen Konzertdebüts aufgrund der zu hohen Erwartungen ab und an vorkommt, hätte auch diese Show leicht zähflüssig wie trockenes Karamell am Ende auf der Zunge zurückbleiben und uns Zahnschmerzen bereiten können.

Stattdessen warf Connan Mockasin den hungrigen Fans die Zuckerstückchen so galant zu, dass diese auch lange, nachdem die Lichter wieder angegangen waren, lauthals auf ihr musikalisches Dessert beharrten und selbst den Abbau des Equipments wie berauscht mit Jubelschreien begleiteten.

Am Anfang des Sets fragte Mockasin die Fans unschuldig mit einem Augenzwinkern: “Do you like caramel?”. Die klare Antwort darauf lautet “ja!” und die nächste Karamelbonbon-Dosis lässt hoffentlich nicht zu lange auf sich warten.

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