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Marissa Nadler – July

Marissa Nadler – JulyMarissa Nadlers Musik ist immer wie eine Art, sich in einem Spiegelkabinett zu verlieren, es kann gruselig oder traumhaft sein. Sie tendiert zwischen Freak-Folk und Dream-Pop. Auf ihrem neuen Output “July” trägt sie uns wohl den kältesten Juli vor, der je von einer Musikstation gemessen wurde.

“July” ist dank ihres neuen Produzenten Randall Dunn, der für seine Arbeit mit Metal- Bands wie Earth und Sunn O))) bekannt ist, auf ein Minimum reduziert. “Dead City Emily” besitzt eine hypnotische und gleichzeitige eiskalte Stimmung. Marissa Nadler singt und lobt einen Freund, der ihr während einer ihrer schlimmsten Zeiten geholfen hat.

Wenn dann in Stücken wie “1923” Streicher sich hinzugesellen und aus der Ferne dumpfe Rhythmussignale herangetrieben werden, entsteht ein bittersüßes, wunderschönes Wiegenlied. Hier ist eine “Grande Dame” bei der Arbeit. Sie kann den Hörer mit ihrer Stimme und Musik tief mit in ihre dunkle Welt ziehen. Sie will einen aber nicht deprimieren, sondern nur faszinieren.

Marissa Nadler hebt sich von anderen Singer-Songwriterin durch etwas ab, das nicht käuflich, nicht herbeizupromoten und erst recht nicht anzutrainieren ist. Gemeinhin nennt man es wohl das “gewisse Etwas”. Die Stücke der in Boston ansässigen Künstlerin bedürfen keiner großen akustischen Gesten, keiner variantenreichen Instrumentierung und keiner stilistischen Gratwanderungen, um bewegende Augenblicke am Fließband zu generieren.

Die zwei Piano-Songs “I’ve Got Your Name” und das abschließende “Nothing In My Heart” sind beklemmende, zutiefst berührende Oden an die Verlassenheit. Wer hier keine Regungen zeigt, hat wirklich nichts im Herzen und wohl auch sonst mit seiner Gefühlswelt abgeschlossen. Es ist alles so fürchterlich traurig auf “July” und doch alles von erhabener Schönheit durchflutet.

Wenn man etwas bemängeln will, ist es das Timing der Veröffentlichung von “July”, denn Dezember wäre passender gewesen. Aber gute Musik kennt keine Jahreszeiten.

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