Das Leben auf Tour kann manchmal so unberechenbar sein wie der schlimmste Feind. Während Maria Taylor samt Band bei den Shows in Nordamerika von einem Schneesturm in den nächsten geriet und die Fahrt in die nächste Stadt mit viel weissem Nervenkitzel verbunden war, musste sich die Singer-Songwriterin aus Birmingham, Alabama kaum ein paar Wochen später in Europa angekommen der nächsten Herausforderung stellen. Ihr Schlagzeuger sprang kurzfristig ab und wurde ohne mit der Wimper zu zucken vom Drum-Computer ersetzt. Schließlich gibt es für alles eine Lösung.
Maria Taylor hat nicht umsonst ihr im letzten Jahr erschienenes Album „Something About Knowing“ getauft, um sich in solchen Ausnahmefällen den neu gewonnenen Durchblick von schleierhaften Randerscheinungen trüben zu lassen. Zugegeben, auch eine talentierte Musikern wie Madame Taylor hat die Weisheit auf den aktuellen Songs nicht mit dem Löffel gefressen, aber das hält sie zumindest nicht davon ab trotz des fehlenden Schlagzeugers in den Tourbus zu springen.
Die plötzlich zum Trio geschrumpfte Band, inklusive Marias Bruder Macey Taylor am Bass, schlug bei ihrem Auftritt im Berliner Comet dennoch beherzt in die Saiten und ließ sich keineswegs aus der Ruhe bringen. Dafür spuckte der pinkte Laptop Taylors auch viel zu sicher eine Drum-Spur nach der anderen aus und sorgte zumindest rhythmisch für die erhoffte Unterstützung während Maria lässig mit den roten Cowboy-Boots im Takt wippte.
Ganz im High-Tech-Zeitalter angekommen, diente auch kein läppisches, weisses Blatt Papier mit verschmiertem Tintenaufdruck als Setlist, sondern Taylors kleiner Handy-Flimmerkasten, den sie zwischen den Songs gerne konsultierte, wenn ein Blick auf die Song-Abfolge nötig war. Dabei beteuerte Taylor mit verschmitzter Miene, dass sie wirklich keine SMS schreiben würde. Einer Multi-Instrumentalistin wie ihr hätte man das glatt auch noch während des Vortragens eines Songs zugetraut!
Nach der anfänglichen Zurückhaltung des Publikums fiel es diesem von Song zu Song leichter sich auf die Stücke einzulassen und es mutierte bisweilen zum leisen Hintergrundchor oder Mitklatschorgan. Sehr zur Freude der Akteure auf der Bühne, die sich gerade auf dem Rhythmus-Sektor gerne aushelfen ließen und laut eigener Aussage in Dresden trotz einer Witz-Palette nicht einmal den Anflug eines Lachens vom Publikum erhaschen konnten. Da waren die vorlauten Berliner ohne Frage im Vorteil. Zum Dank lud die Band dann zwei Mal befreundete Musiker auf die Bühne ein, die der Schlagzeuger-Misere ein Ende bereiteten und aushilfsweise fröhlich auf die Tierfelle einhämmerten.
Auch wenn an diesem Konzertabend viele der Lieder unfreiwillig zu (halb-)akustischen Versionen der Originale degradiert wurden, half deren melodiehafte Verfänglichkeit doch in Windeseile über die Tatsache hinweg, dass das geplante Set mit Schlagzeuger im Gepäck wohl ein anderes gewesen wäre. Obendrein avancierte Maria Taylor immer wieder zur lustigen Anekdoten-Erzählerin und berichtete von halb-wahnsinnigen Begegnungen mit übereifrigen männlichen Fans auf der letzten Deutschland-Reise, die letztendlich darin endeten, dass die Band Hals über Kopf aus dem Club türmen musste.
Ähnliche Tumulte gab es beim Tourstopp in Berlin zum Glück nicht zu befürchten und so wagte sich Maria Taylor ohne lange zu zögern auch noch für ein Zugaben-Set ins Scheinwerferlicht und gab Stücke wie „Folk Song Melody“ oder „Birmingham 1982“ zum Besten. Macey Taylor blieb hingegen die meiste Zeit im Halbdunkel des rechten Bühnenrands verborgen, was er seiner „dunklen Persönlichkeit“ als angemessen empfand. Einen schiefen, amüsierten Blick seiner Schwester und das Gelächter der Fans hatte er mit diesem Kommentar sicher. Ebenso wie den Bonuspunkt in Sachen guter musikalischer Unterhaltung, den sich Taylor & Co an diesem Abend in jeglicher Hinsicht locker verdient haben. Something About Knowing? Insgeheim wussten wir das natürlich schon vor Konzertbeginn.