MusikBlog - Entdecke neue Musik

Das unmögliche Gang-Zeichen – Kraftklub im Interview

Hoch die Tassen! Kraftklub wird in Deutschland als das heißeste Ding seit der Erfindung des veganen Schokoladen-Windrads gehandelt. Der Mix aus ironischen Texten und frechem Mitsing-Pop mit Indie-, Rap- und Punk-Roots räumt großflächig ab. Charts ahoi! Festivals olé! Von arte bis zur Bäckerblume sind alle aus dem Häuschen. Jetzt kommt nach viel Gejuckel in Funk und Fernsehen das verflixte zwote Album: “In Schwarz“. Erhältlich in allen Formen, Farben und Formaten. Auch als limitiertes, schwarzes Vinyl. Passend zu ihrem Hit “Ich will nicht nach Berlin” traf sich MusikBlog in einer Kreuzberger Szene-Kneipe mit Sänger Felix und Gitarrist/Keyboarder Steffen, die extra den weiten Weg aus Chemnitz gebraust kamen. Und heureka – die oberflächliche Feldforschung ergab: Es scheint sich tatsächlich um nette, kluge Leute zu handeln, denen der Erfolg zu gönnen ist. So sollte es immer sein!

MusikBlog: Lustige Geschichte: Ich hab habe mich lange Zeit gegen die Band gesträubt, weil ich den Namen blöd fand.

Felix: Aus welchem Grund? Wegen Kraftwerk?

MusikBlog: Ja. Meine erste Assoziation zu  “Kraft” ist eben Kraftwerk. Und da habe ich in meinem jugendlichen Starrsinn gedacht, dass man keine andere Band gründen sollte, die so ähnlich heißt. Doofer Denkfehler und ins eigene Knie geschossen. Eine meiner Lieblings-Bands, Bohren & der Club Of Gore, hat sich ja auch als Referenz zur holländischen Band Gore so genannt.

Steffen: Aber die Beatsteaks haben sich wahrscheinlich nicht wegen den Beatles so genannt.

Felix: Stimmt schon. Kraftwerk ist ‘ne große deutsche Band. Aber wir fanden das immer ganz lustig, dass der Versuch, uns quasi mit Kraftwerk zu vergleichen gar keinen Sinn ergibt. Dass nur der Name eine gewisse Assoziation zulässt.

MusikBlog: Ich dachte: Gegen Kraftwerk kann man als Band musikhistorisch nur verlieren. Aber ich find´s ja sehr charmant und selbstbewusst, dass euch das einfach nicht zu stören scheint.

Felix: Tja, direkt hat uns da noch niemand drauf angesprochen.

MusikBlog: Ach?

Felix: Ja, weil das eben musikalisch zu unterschiedlich ist. Wenn wir elektronische Musik gemacht hätten und uns Kraftklub genannt hätten, wäre das vielleicht was anderes.

MusikBlog: Ihr sprecht mit eurer Musik sowohl Indie- als auch “normale” Pop-Hörer an. Die Referenzen wie die humorvollen Seitenhiebe gegen Tocotronic sind aber eher speziell.

Felix: Ja, aber das muss einer Band egal sein. Man darf sich nicht nach der Vorstellung richten, ob die Leute das verstehen können. So haben wir jedenfalls Musik gemacht. Auf der neuen Platte und auf der alten. Auch viele Sachen, die man geographisch vielleicht nicht verstehen kann. Das finde ich auch gut, dass wir dabei bleiben und nicht sagen: Wir sind ‘ne bekannte Pop-Band geworden und jetzt müssen wir gefälligst allgemeingültige Texte schreiben, die jeder zu verstehen hat. Andererseits denke ich, dass viele Leute, die uns hören, alt genug sind, um beispielsweise Superpunk zu kennen.

MusikBlog: Schon ulkig, dass ich euer neues Album nur direkt vorm Interview mit ‘nem iPod anhören durfte. Wie geht euch das mit dieser Geheimnis-Krämerei?

Felix: Naja, man würde sich ja einfach total ärgern, wenn die ganze Platte vorher schon im Netz wäre. Das ist der einzige Grund. Uns ist das schon aufgefallen, dass die Musikjournalisten dann bestenfalls mit so einer hochgezogenen Augenbraue reagieren, im schlimmsten Fall ein bisschen genervt davon sind.

MusikBlog: Ihr seid ja jetzt in diesem ganzen deutschen Medienzirkus fett drin. Von Bildzeitung über „Schweinerei – Club-Tour nach 40 Minuten ausverkauft!“. Wie kommt ihr mit diesem Gezeter klar?

Felix: Na, man kann da halt nix dran ändern. Sich darüber aufzuregen, ist ja auch Quatsch.

Steffen: Gehört quasi dazu. Wenn es nicht so wäre, wäre man ja auch enttäuscht.

Felix: Wir reden ja nicht mit der Bildzeitung. Und wenn die doch was schreiben, können wir es auch nicht ändern. So ähnlich ist es mit Heino, wenn der einen Song von uns covert.

MusikBlog: Habt ihr bei Heino denn gar nix gemacht?

Felix: Nö. Das war ja 10 Kilometer gegen den Wind zu riechen, dass der wollte, dass sich da alle drüber aufregen. Das blinkte ja so in großen, goldenen Lettern: Reg dich bitte drüber auf, dann können wir was drüber schreiben. Aber wie es Steffen schon sagt: Dass es prinzipiell so ist, dass das ein Thema ist – das war immer unser Wunsch: Wir wollten ja immer irgendwie eine populäre Band werden. Wir wollten eine Band sein, die vor vielen Leuten spielt.

MusikBlog: Gibt’s dafür denn einen Masterplan? Habt ihr Beatles-Songs studiert und auseinander genommen?

Steffen: Wenn es eine Formel gäbe, dann wär´s ja zu einfach.

Felix: Nein. Wir haben das KLF-Buch auswendig gelernt!

MusikBlog: Und dann verbrannt! Zusammen mit einer Million Pfund.

Felix: Ich habe tatsächlich darüber nachgedacht, dass man das eigentlich hätte machen müssen.

MusikBlog: Ist das nicht veraltet? Die Gegebenheiten haben sich ja doch verändert.

Felix: Das wäre wahrscheinlich total simpel, das Buch umzuschreiben. Du ersetzt Medien durch Blogs. Und am Anfang kündigt der Typ seinen Job und leiht sich Kohle. So könnte er viel Geld für Studio und Radio-Promotion einsparen.

Steffen: Das war ja mit unserem Video als Fake-Band “In Schwarz” so ähnlich. Wie man mit einer unbekannten Band versucht, was zu erreichen.

Felix: Das war unser persönliches kleines KLF-Projekt. Die Fake-Band.

MusikBlog: Stichwort Logos und Merchandise. Mit Tassen, Shirts und Action-Figuren kann ja man als Band noch ein bisschen Penunze  machen.

Felix: Das Logo hatten wir ja von Anfang an. Und das war auch so geplant. Unser Kumpel Philipp ist unser Grafiker.Und dann wird sowas gut. Wenn das jemand aus dem direkten Umfeld macht, der weiß, was wir meinen. Der versteht das besser als irgendwelche Super-Grafik-Profis. Da geht’s viel um Humor. Wir pflegen oft einen Humor, den andere missverstehen. Gerade mit diesem Logo. Das ist genau unser Humor: Das unmögliche Gang-Zeichen. Da könnten wir uns drei Tage drüber kaputt lachen. Über ein Gang-Zeichen, das niemand machen kann!

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

Facebook
Twitter

Schreibe einen Kommentar

Das könnte dir auch gefallen

Login

Erlaube Benachrichtigungen OK Nein, danke