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Hanne Kolsto – Forever Maybe

Die Norwegerin Hanne Kolstø macht lupenreinen Pop, der von dieser nordischen Schwermütigkeit getragen wird, die den Musikern aus dem hohen Norden und den dunklen Wäldern stets nachgesagt wird. Schon das Cover von “Forever Maybe” zeigt Hanne Kolstø in depressiver Anmut: Nur ihr Gesicht und ein bisschen Schulter sind zu sehen, mit einem großen Vogel, der ihr Haupt ergreift. Gehüllt in einen Norwegerpulli blickt sie voller Trauer in die Kamera. Das Bild fängt das Gefühl ein, dass das Album offenbar vermitteln möchte: Schwermut.

Die Koordinaten des Weder-hier-noch-dort markieren den Austragungsort für die kommenden zehn Songs auf “Forever Maybe”. Die ersten Töne des Openers “Blanko” werden angeschlagen und verhallen nach einer gefühlten Ewigkeit. Die Stimme von Hanne Kolstø klingt verschwommen und ihre Art zu singen erinnert ein wenig an die von Sigur Ros. “Synecrosis” klingt nicht so drückend wie der Opener, ist dafür lyrisch umso tragischer. Es geht um die Machtlosigkeit der Menschen, wenn sie die Kontrolle verlieren und darum, unbedingt eine Erklärung finden zu wollen, auch wenn es die nicht unbedingt gibt. Die musikalische Untermalung klingt im Gegensatz dazu sehr positiv, was sehr irritierend auf den Hörer wirkt. Doch dieses Stilmittel nutzt Hanne Kolstø über das ganze Album hinweg.

Selbst das etwas erdige Titellied “Forever Maybe” verströmt etwas Übersinnliches, eine dunkel glänzende Anziehungskraft, die den aufmerksamen Zuhörer verschlingt wie ein schwarzes Loch. Hanne Kolstøs hypnotische Wirkung lässt sich zu großen Teilen auf ihre texturreichen Kompositionen zurückführen, die mit zahlreichen Überlagerungen und endlos nachhallenden Synthies arbeiten. Das Resultat dieses an das Jazz-Genre erinnernden Schreibansatzes ist ein komplexer Indie-Pop-Sound, der seine Schönheit erst nach mehrmaligem Hören offenbart – so vielschichtig ist er.

Mit “Forever Maybe” legt die Norwegerin folglich ein eindrucksvolles Album vor, das entrückte Momente und groß angelegte Pop-Gesten auf harmonische Weise vereint. Beachtlich ist auch die Stimmungsvielfalt, die zwischen Euphorie und nachdenklichem Schwelgen changiert. Die hallenden Töne, die drückenden Texte, verbunden mit dieser strahlenden Popästhetik, überlagern sich im Gehör. Ist man ergriffen oder gelangweilt? Hanne Kolstø erschafft ein Stück verwirrender Musik, spielt mit Gegensätzen und bleibt hängen. Man kann sich nicht recht entscheiden, ob das maßvoll oder überlagert ist, aber es ist definitiv eine Platte, die man nicht so schnell vergisst.

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