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Happyness – Weird Little Birthday

Sich rundum wohl fühlen. Einfach mal nichts tun. Die Seele baumeln lassen. Im neuen Jahrtausend ist Chillen längst zum Volkssport geworden. Mehr und mehr laufen die Bettencenter den Fitnessstudios den Rang ab, übt man sich in Lay-downs, statt in Sit-ups und läßt die Gedanken schweifen statt die Füße durch den Park zu jagen. Hallo Pizzaservice, die Tür ist offen! Soll der Hund doch alleine Gassi gehen. Ah, die Amazon-Lieferung ist da. Endlich! Mit den passenden Klängen lässt sich’s gleich doppelt so schön entspannen, das ist klar. Aber mal ehrlich: Wie will man denn das regungslose Dasein genießen, wenn der vermeintliche Sand im Nacken kitzelt und einem die imaginären Strandflöhe in den Kragen hüpfen? Da greift man doch lieber zu Musik, die den Flaum von Daunen in Klänge fasst, die so zartmachend ist wie ein Bad im Weichspüler, nur nicht ganz so giftig: Happyness.

Nach zwei erfolgreichen EPs weiß das Trio aus London genau, was von ihnen erwartet wird und fühlt sich damit pudelwohl. Man höre gleich den “Weird Little Birthday”-Opener “Baby, Jesus (Jelly Boy)”. Da ist alles drin, was wir an Happyness so schätzen. Dieser sanfte Gesang, diese entspannte Atmosphäre, aber dennoch spürt man in den Worten die Energie, die in dieser Band steckt. Genau darum geht es hier doch, um “comfort in the sound”. Entsprechend lässt einem auch die Single “Great Minds Think Alike, All Brains Taste The Same” das Herz aufgehen. Die Gedanken flattern und tragen bis hin zur Endstation der schönsten Tagträume.

Vor allem gegen Ende des Albums findet diese Meistertat ihre Fortsetzung. Mit Songs wie dem episch ausgefeilten “Weird Little Birthday Girl” und dem himmlisch schönen “Regan’s Lost Weekend (Porno Queen)”. Wer auch immer vor Urzeiten das komische Wort “Od” erfunden haben mag, bei “Kleinod” hat er wohl an so was hier gedacht.

Aber Happyness haben auch mit einem anderen Problem zu kämpfen, das wir alle kennen: Da hat man sich gerade alles so schön zurechtgemacht, die Kissen aufgeschüttelt, die Rollos heruntergelassen, den Stecker aus der Telefonbuchse gezogen und einen Liter Honig mit einem Schuss Tee aufgegossen. Diesmal soll nix schief gehen mit der Entspannung. Und doch: Kaum hat man es sich bequem gemacht, überkommt einen nach zehn Minuten die Langeweile. Weil zu viel Nichtstun dann auch sehr anstrengend sein kann. Was das mit “Weird Little Birthday” zu tun hat? Nun, auch das Album droht gelegentlich, mit seinen an allen Ecken und Enden abgepolsterten Tönen einen prima Schlafplatz abzugeben. Wenn beispielsweise das Schlusslied in Songwriter-Miniatur “Monkey In The City” in zweieinhalb Minuten sagt, was es auch in einer tun hätte können. Es fehlen eben ein wenig die Kontrapunkte auf “Weird Little Birthday”.

Es lässt sich dennoch ausgezeichnet nichts tun mit “Weird Little Birthday”. Einen derart geruhsamen Sound muss ihnen erst mal einer nachmachen. Könnte mal bitte jemand die Rückenlehne zwei Stufen niedriger stellen?

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