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JOOJ – Jooj – Kunstpop oder Popkunst?

Der MusikBlog, immer um Lichtjahre voraus und derb am Limit der Informationsgesellschaft. „Schreiben Sie eine Rezension zu JOOJ‘s erstem Album „Jooj““, lautete diesmal der Auftrag aus der geheimnisumwitterten MusikBlog Zentrale. Nachdem sich die Mail wie üblich von selbst zerstört hatte, tauchten direkt drei Fragen in meinem von unzähligen Partys mit Rockstars und Prominenten nicht mehr gerade im Neuzustand befindlichen Schädel auf: „Wer zur Hölle ist JOOJ?“ war die Erste. Dicht gefolgt von „Warum Ich?“ und „Wohin schon wieder mit den 5.000 € Honorar?“.

Aber ok, ein Auftrag ist ein Auftrag. Und MusikBlog-Mitarbeiter sind nicht nur hart im Nehmen, sondern haben auch ein gnadenloses zweijähriges Recherche-Training durchlaufen müssen. Also ran an’s Internet.

Ok, “JOOJ is the Toronto-based band featuring Sook-Yin Lee and Adam Litovitz. Expressionistic Minimalism, an intimate drama.” Ist ja schon mal was. Und “JOOJ-Frontfrau Sook-Yin Lee ist eine alte Hasendame im Filmgeschäft.” ist im Video-Review „Shoulders And Whispers” vom Kollegen Sikora zu lesen. Aber wer sind jetzt….

Sook-Yin Lee ist eine in Kanada nicht gerade unbekannte TV- und Radiomoderatorin, die auch als Schauspielerin, Regisseurin und Drehbuchautorin im Film-, Kunst- und Theaterbereich aktiv ist. Das Singen auf professioneller Basis ist für sie auch nichts Neues. Als Sängerin der kanadischen Alternativ-Rocker Bob’s Your Uncle nahm sie Anfang der Neunziger zwei Alben auf und versuchte sich dann an einer Solo-Karriere, die nach ebenfalls zwei Alben in einer ziemlich erfolgreichen VJ-Tätigkeit für einen kanadischen Musiksender mündete. Als sie 2006 mit einer Masturbations-Szene in dem Film „Shortbus“ für einen Skandal sorgte, setzten sich immerhin Leute wie Francis Ford Coppola, Yoko Ono und Michael Stipe dafür ein, dass sie ihren Moderatorenjob bei CBC behalten durfte.

Soweit – so Google. Über Adam Litovitz, spuckte die allwissende Müllhalde allerdings weniger Konkretes aus. Außer, dass er seit 2007 mit Sook-Yin Lee liiert ist. Professor für Film und Englisch ist und 2010 den preisgekrönten Soundtrack zu „Year Of The Carnivore“ geschrieben hat, bei dem Sook-Yin Lee Regie geführt und das Drehbuch verfasst hat.

Mit seinen vielfältigen Aktivitäten ist das Paar aber anscheinend noch nicht ausgelastet, denn mit „Jooj“ legen sie jetzt ihr erstes Album vor. Ganz so arty wie es ihre sonstigen Tätigkeitsfelder vermuten lassen, wird es dabei nicht. Das kann manchmal sogar recht nett sein, wie zum Beispiel bei „Ghost Of Love“, „Never Be Sure“ und „Mordechai“, die mit ihrem charmant melancholischem Folk-Pop für eine angenehm verwunschene Atmosphäre sorgen.

Nick Cave‘s „Where The Wild Roses Grow“ und Lee Hazlewood‘s „Some Velvet Morning“ kommen einem spontan als Referenzpunkte in den Kopf. Sook-Yin demonstriert mit ihrer kräftig, vollen Stimme – die manchmal an Grace Slick von Jefferson Airplane u.ä. erinnert – eine melodiöse Emotionalität, die immer wieder kurzweilig durch die Stücke führt. Besonders gut auch bei dem leicht Beat betonterem „Crushed“ zu hören.

Auf der anderen Seite stehen dann Stücke wie „Crystalline“ „Vagabound“ „Hard Feelings“ und „Shoulders And Whispers“. Hier kommt dann doch die „Wir machen Kunst“-Seite stärker zum Tragen. Auch das bleibt zwar noch alles im Pop-Irgendwas Bereich und driftet nicht absolut in zu experimentelle Sphären ab. Aber irgendwie beschleicht einen schon der Verdacht, dass Sook-Yin Lee und Adam Litovitz sich zu stark um zwei, drei Prisen Originalität und Unvorhersehbarkeit bemühen.

Immer wieder tauchen seltsame Sounds auf. „Hourglass“ durchzieht ein merkwürdiges Soundcollagen-Loop. „Crystalline“ kommt mit Bambusflöte und extravaganten Vokaleskapaden. Die Texte sind düsterer und David Lynchiger. Das ist schon alles irgendwie ok. Zündet aber trotzdem nicht so ganz. Irgendwie fehlt ihrer Schrägheit dabei ein wenig die Schärfe und das Raue. Und ihrer Mystik ein wenig das richtige Geheimnis. Das kommt manchmal etwas zu plakativ eigenwillig rüber.

Schlecht ist „Jooj“ definitiv nicht. Sook-Yin Lee und Adam Litovitz sind musikalisch immerhin erfahren genug, um zu wissen was sie machen. Zuweilen sind sie in ihrem Ansatz aber eben ein wenig zu sehr bemüht und überambitioniert.

So. Was mach‘ ich jetzt mit den 5.000 €? Ach, nicht schon wieder auf die Bahamas. Verdammt! Es ist alles so schwierig.

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