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Princess Chelsea – The Great Cybernetic Depression

Die Botschaft, dass Neuseeland nicht nur als Kulisse für Tolkiensche Buchverfilmungen taugt, sondern auch Geburtsstätte innovativer Musik ist, haben zuletzt The Naked And Famous über die Landesgrenzen hinaus getragen. Die sind aber nicht die einzigen Songschreiber auf der Insel, bereits 2011 veröffentlichte Princess Chelsea aus Auckland neunzehnjährig ihr Debut „Lil` Golden Book“. Richtig bekannt wurde sie dann mit dem daraus ausgekoppelten „The Cigarette Duet“, dessen Video auf YouTube über 20 Millionen Klicks einsammelte.

Dem Space-Pop Sound des Vorgängers schließt sich das jetzige Album “The Great Cybernetic Depression” an. Wenn Lyrics wie „Sometimes I feel so sad I wish that I would die/All the people they don`t know they think that I`m allright“ aus „Is It All OK“  klingen, als würde sich ein Teenager seinem Tagebuch voller Verzweiflung anvertrauen, geht es Chelsea Nickel, so ihr bürgerlicher Name, doch um etwas viel Größeres. „The Great Cybernetic Depression“ projiziert persönliche Tiefpunkte auf eine fiktive Weltwirtschaftskrise der Zukunft und will sich auf diesem Weg außerdem auf die soziale Depression der 20er Jahre beziehen.

Große Sache, was jetzt kompliziert und nach Konzeptalbum klingt, hört sich auf der Platte zum Glück nicht so an. Wenn ihre Stimme auch zu Beginn des Openers „When The World Turns Grey“ spröde, einsam und verlassen durch Piano, Raum und Zeit irrt wie Dillon in ihren stärksten Momenten, so scheint die einsetzende Gitarre mit trotzigem Aufbäumen die Sängerin vor dem endgültigen Entschwinden in finstere Gedanken zu bewahren.

Princess Chelsea, die sich auf eine klassische Klavierausbildung stützen kann, hat über das Album mit Unterstützung von Mitproduzenten Jonathan Bree von The Brunettes (der auch als Gesangspartner bei „Too Many People“ in „The Cigarette Duett“ bewährter Weise zur Verfügung steht) einen Sound gestellt, der in fröhlicher Retrohaftigkeit schwelgt. Dream-Pop Anleihen Marke Beach House, Glocken, Klingeln, viel Hall und Feen-Stimme klingen dabei vereint wie das Bord-Entertainment Programm eines Linienflugs zum Mond. Mit ganz viel Glitzer beschert uns die Platte Perlen wie „No Church On Sunday“, umarmt dabei hemmungslos die Achtziger und schließt immer wieder den Bogen zum einem cineastisch-orchestralen Breitwand-Sound.

Dem gegenüber stellt die Prinzessin ihre selten euphorischen, der Entwicklung von Medien und Verselbständigung der Technik kritisch gegenüberstehenden Texte. Der Garderobe im dazugehörigen Video folgend, erinnert das Cover-Artwork von „The Great Cybernetic Depression“ an Star-Wars Sammel-Karten, für die Künstlerin eine logische Kombination, betrachtet sie ihr Treiben zwischen Musik und Kostümierung doch als ästhetischen Zusammenhang.

Dem Abnutzungseffekt und die damit aufkommenden Längen im Mittelteil der Aufnahmen wird standhaft mit einem Poser-Gitarren-Solo („We Were Meant 2 B“) oder durch Chelseas Kater in „Winston Crying On The Bathroom“ begegnet, der zwei Minuten lang eine Plattform bekommt, seine Sicht auf die Welt zu miauen. Im abschließenden „All The Stars“ nimmt das Raumschiff noch einmal ordentlich Fahrt auf, um nach allerlei Klangwirrwarr inklusive Analog-Modem Geräuschen seinen Weg in die Unendlichkeit des Weltraums fortzusetzen.

Ein verspielt-spaciges Album welches in Buck Rogers Raum-Scooter sicher in der Heavy-Rotation gelaufen wäre und sich auch auf der Erde sehr gut anhört. Den Charme dieses Gesamtkunstwerkes haben übrigens zuletzt alt-J für sich erschlossen und die Neuseeländerin als Support auf ihrer Tour gebucht.

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