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SAFI – Janus – zelebrierte Andersartigkeit

SAFI, seid ihr noch dieser Gemeintipp aus Leipzig, das selbstbewusste Aushängeschild einer Underground-Indie-Szene? Oder etwa schon in diesem Mainstream der Andersartigkeit angekommen? Dagegen ein entschiedenes Nein! Das Leipziger Rock-Trio SAFI um die schräg-skurrile Frontfrau und Namensgeberin scheint sich so sehr von der Hörgewohnheit abzuheben, dass man sie gleich in den Arm nehmen möchte. Sie sind laut, expressiv und irgendwie anstrengend, jede Zeile und jeder Riff kostet Nerven.

Nach ihrem Debütalbum “Kalt”, das 2009 auf dem Hamburger Kult-Label ZickZack Records erschienen ist, erspielte sich SAFI mit ihren lautstarken Konzerten einen besonderen Ruf, auch weit über die Stadtgrenzen von Leipzig hinaus.

Nun also das zweite Studioalbum “Janus”, ganze sechs Jahre kreativer Schaffenszeit später. Beim ersten Anspielen des Openers “Ausgebrannt” fasziniert die rauchige Stimme von SAFI. Das Ganze gepaart mit einem brachialen Sound. Einfach ausgebrannt und frustriert. Song Nummer zwei “Sagen und Denken” hat dann gleich das Potential, zum Lieblingssong der Platte zu werden, klingt irgendwie verführerisch. Es sind diese poetisch anmutenden Worte, diese mit einem verzerrt-fetzigen Sound unterlegt, “Wir lügen uns die Augen leer. Und bluten Versprechen aus.”

Pulver verschossen? Keinesfalls, denn das dritte Lied der Platte (“Menschen”) offenbart eine Kehrtwende im Album. Dem Hörer wird eine kleine Verschnaufpause gegönnt: Mehr Text, weniger Klimbim. Endet mit einem ausdrucksstarken Schrei über menschliche Unzulänglichkeiten. So auch “Fragezeichen”. Bei aller Gesellschaftskritik, warum eigentlich das Ganze? Eine allzu menschliche Frage angesichts der Banalität des Alltags. “Golem” bildet schließlich den Höhepunkt des Albums. Nicht in Worte zu fassen. Da stimmt einfach alles.

Der düstere Einstieg in “Weg” ist dagegen nervig, so dass man reflexartig stummschalten möchte. Da haben SAFI ein wenig über ihr Ziel hinausgeschossen. “Offensichtlich”, hingegen macht alles wieder gut, kritisiert unser alltägliches Geschwafel, unser immerwährendes Darstellungs- und Mitteilungsbedürfnis.

Das Konzeptalbum “Janus” findet seinen Abschluss in einem wunderbaren 3-Song-Finale: “Alle Laufen” entlarvt unsere Gesellschaft als Gemeinschaft aus Mitläufern. “Entschuldigung” haut dann noch einmal richtig auf die Zwölf, wird schließlich ganz leise, um dann abrupt zu enden. Das ist blanker Zorn und pure Gesellschaftskritik, mit viel Herz, aber auch Erbarmungslosigkeit. Diese Attitüde trägt sich bis ins letzte Lied des Albums. “Ich Will Ich” versöhnt uns schließlich irgenwie ein bisschen mit dieser Welt.

Die Vokalistin SAFI, zugleich Gitarristin und Texterin, wandelt ohne Rücksicht auf den Grenzen des guten Geschmacks. Das Ergebnis ist irgendwie dreckig und wild, punkig etwa? Diese Take-it-or-leave-Mentalität vermag viele zu provozieren. Die Andersartigkeit wirkt jedoch nicht gestellt, sie ist ausdrücklich so gewollt. Wer SAFI hört, weiß genau, was er bekommt. Es ist das Unerwartete, dieser Nervenkitzel vor dem, was da noch kommen mag.

Worte können den speziellen Sound SAFIs nicht einfangen. “Junus” ist eine Platte, die muss man nicht einmal richtig laut hören muss, um sie gut zu finden. Man sollte sie jedoch in chronologischer Reihenfolge hören. Ein Konzeptalbum allererster Sahne mit poetischen Texten, mit Sinn und Hintersinn, Ecken und Kanten. Keine leichte Kost und oft nervig.

Doch nach dem Album kommt die Stille, eine hypnotisierend-glühende Ruhe. Was bleibt? Das Schöne!

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