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Ich mag es, wenn es unter der Oberfläche brodelt – Little Boots im Interview

Victoria Christina Hesketh alias Little Boots hat keine Lust mehr auf das Rädchen-Dasein innerhalb einer Maschinerie, die von Fremdkörpern gesteuert wird. Nach zwei veröffentlichten Alben hat die britische Elektropop-Chanteuse einen Schnitt gemacht. Ihr neues Album “Working Girl” ist das erste, das komplett in Eigenregie aus dem Boden gestampft wurde. Selbst ist die Frau. Little Boots will jetzt ihre eigenen Spuren hinterlassen. Wie die aussehen, verriet uns die Sängerin im Interview.

MusikBlog: Hi Victoria. Nach zwei erfolgreichen Alben kehrst du nun dem Businessstandard den Rücken zu. Warum? Wieso? Weshalb?

Victoria: Es war einfach an der Zeit. Nach der Produktion meines letzten Albums spürte ich einfach den Drang in mir, etwas verändern zu wollen. Es war nicht so, dass ich schlecht behandelt wurde. Aber ich fühlte mich dennoch irgendwie eingeschränkt. Da waren Label-Verantwortliche, mein Management sowie Promo- und Booking-Agenturen, mit denen ich permanent zu tun hatte. Das hat mir und meiner Entwicklung als Künstlerin auch geholfen, keine Frage. Aber es war mir auch irgendwann zu viel. Ich wollte mein eigener Boss sein.

MusikBlog: Also ist der Titel deines neuen Albums Programm?

Victoria: Ja. (lacht) Ich stecke jetzt voll drin. Ich bin ein “Working Girl” – durch und durch.

MusikBlog: Wie fühlt sich das an?

Victoria: Es fühlt sich großartig an. Ich bin jetzt selbst verantwortlich. Das ist toll. Aber es ist auch anstrengend; eine echte Herausforderung. Ich kann jetzt abends niemandem mehr auf die Finger klopfen, wenn ich mit irgendwelchen Ergebnissen nicht zufrieden bin. Ich muss mich dann selbst ohrfeigen. Daran muss ich mich erst noch gewöhnen.

MusikBlog: Hast du dir denn in den vergangenen Monaten oft wehtun müssen?

Victoria: (lacht) Nun, ein paar Mal. Aber das verheilt alles auch wieder. Ich lerne schnell.

MusikBlog: Inwieweit hat die DIY-Rückkehr dein Songwriting beeinflusst?

Victoria: Der grundlegende Prozess hat sich eigentlich nicht verändert. Es sind eher die Ergebnisse, die sich von früheren unterscheiden. Meine Songs versprühen jetzt viel selbstbewusstere Vibes. Ich denke, man hört dem neuen Album an, dass hier eine Künstlerin zu Gange war, die ihr eigenes Ding durchzieht. Das war auch genau das, was ich wollte.

MusikBlog: Eine Art künstlerische Befreiung?

Victoria: Genau.

MusikBlog: Für mich klingt das Album etwas homogener als die beiden Vorgänger. Das hat mich überrascht. Ich hatte mehr Experimente erwartet.

Victoria: Ich weiß, was du meinst. Aber ich habe der Industrie nicht Lebewohl gesagt, weil ich das Gefühl hatte, man wollte aus mir eine Pop-Barbie machen. Das war nicht der Grund. Musikalisch hatte ich nie große Probleme mit meinem Umfeld. Es ging mir mehr um das große Ganze. Die Tatsache, dass „Working Girl“ etwas poppiger klingt, hat mehr mit meiner eigenen Entwicklung zu tun. Ich stehe total auf eingängigen Pop. Ich mag es aber auch, wenn es unter der Oberfläche brodelt. Dieses Gemisch hatte ich stets vor Augen, als es um die Produktion von “Working Girl” ging. Vielleicht braucht das Album einige Durchläufe, um sich komplett zu entfalten. Die Zeit sollte man sich aber nehmen.

MusikBlog: Neben dem aussagekräftigen Albumtitel gibt es auch einige plakative Songtitel. Lust auf ein kleines Spielchen?

Victoria: Immer. (lacht)

MusikBlog: Ok. Ich picke mir jetzt einige Songtitel heraus und stelle dir jeweils eine spontane Frage dazu, die nicht unbedingt mit dem eigentlichen Inhalt des Songs zu tun hat. Einverstanden?

Victoria: Klingt spannend. Dann schieß mal los.

MusikBlog: Der erste Songtitel wäre “Taste It”. Meine Frage: Was ist dein Lieblingsessen?

Victoria: Oh, das ist ein lustiges Spiel. Ich esse für mein Leben gern Schokolade. Davon kann ich nicht genug bekommen. Ich liebe aber auch die fernöstliche Küche. Ich gehe unheimlich gerne japanisch essen.

MusikBlog: Nächster Titel: “Real Girl”. Meine Frage: Was glaubst du, wer es heutzutage im Business weiter nach oben schafft: Ein “Real Girl”? Oder ein “Fake Girl”?

Victoria: Puh, das ist eine schwierige Frage. Ich denke, dass es die richtige Mischung macht. Eine ausgewogene Mixtur aus Fantasie und Realität ist das, was heutzutage gesucht wird. Man muss halt nur aufpassen, dass man dabei nicht in Schieflage gerät.

MusikBlog: Kommen wir zu “The Game”. Was ist dein Lieblingsspiel?

Victoria: Mein Lieblingsspiel? Ich würde fast sagen, wir stecken gerade mittendrin. (lacht). Ich stehe total auf spontane Reisen fernab der Norm. Ich probiere gerne neue Dinge aus. Da habe ich immer ein offenes Ohr für.

MusikBlog: Abschließend will ich noch auf den Songtitel “Help Too” eingehen. Wann hast du das letzte Mal einem Menschen geholfen?

Victoria: Das ist noch gar nicht so lange her. Vor ein paar Tagen kam ein Mädchen auf mich zu und bedankte sich bei mir. Sie sagte mir, dass ihr viele Songs von mir dabei helfen, im Leben weiterzukommen. Zählt das auch?

MusikBlog: Das zählt auch. Tolles Gefühl?

Victoria: Absolut. Das ist ja das Schöne an Musik. Man stärkt sich nicht nur selbst. Man hilft auch anderen Menschen. Ich würde sogar sagen, dass solche Momente die größten Geschenke für einen Musiker sind.

MusikBlog: Bei welchem Musiker würdest du dich denn gerne einmal bedanken? Gibt es da jemanden?

Victoria: Britney Spears.

MusikBlog: Britney Spears?

Victoria: Ja. Ihr Album “Blackout” war damals eine große Inspiration für mich. Für mich ist dieses Album eines der unterbewertesten Alben aller Zeiten. Damals haben sich alle nur mit ihrem kahlrasierten Kopf und ihren Sorgerechts-Dramen beschäftigt. Das fand ich ziemlich schade. Das Album ist nämlich echt der Hammer.

MusikBlog: Auch so ein “Working Girl”, oder?

Victoria: Definitiv.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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