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Für mich ist die Musik kein Job – Kim Churchill im Interview

In seiner Heimat Australien gehört Kim Churchill schon seit Jahren zur Creme de la Creme der Singer/Songwriter-Branche. Auch in Amerika hat der Sunnyboy mit der markanten Stimme bereits Fuß gefasst. Nur in Europa ist der Sänger noch ein ziemlich unbeschriebenes Blatt. Zwar konnte Kim Churchill in der jüngeren Vergangenheit auf einigen Festivals, sowie als Support für Billy Bragg punkten. Doch so richtig auf dem Schirm hat man den ehemaligen Straßenmusikanten aus Canberra noch nicht. Das soll sich nun ändern. Dabei helfen soll die Veröffentlichung seines mittlerweile vierten Studioalbums “Silence/Win“. Wir holten uns den quirligen Alleinunterhalter ans Telefon und plauderten über Stufenpläne, die Magie der Musik und große Ziele

MusikBlog: Hi Kim. Mit deinem vierten Studioalbum “Silence/Win” wagst du dich endlich auch nach Deutschland. Warum erst jetzt?

Kim: Das ist eine gute Frage. Ich liebe Deutschland. Ich habe schon einigen Konzerte bei euch spielen dürfen. Und es war stets großartig. Die Menschen sind alle sehr herzlich und offen. Und sie wissen handgemachte Musik zu schätzen. Das beeindruckt mich. Warum ich mich allerdings erst jetzt mit einem Studioalbum bei euch melde? Keine Ahnung. (lacht) Ich denke, dass es mir wichtig war, erst einmal in vertrauteren Gefilden Fuß zu fassen.

MusikBlog: Australien, Amerika, Kanada…und Japan?

Kim: Japan war eher ein Unfall. (lacht) Bei den anderen Ländern hast du aber Recht. Ich bin zwar ein sehr spontaner und offener Mensch. Aber ich behalte auch gerne den Überblick. Außerdem bin ich ein Genussmensch. Sprich: Ich will mich auf alles Neue komplett mit Haut und Haaren einlassen. Ich bin nicht der Typ, der Dinge mal eben so im Vorbeigehen mitnimmt.

MusikBlog: Wie fühlt es sich denn an, überall, wo du das erste Mal aufschlägst, wieder von vorne anzufangen?

Kim: Das fühlt sich großartig an. Genau das ist mein Ding. Ich liebe das Reisen, das Entdecken und das Erforschen. Das ist meine Welt. Wenn ich in ein neues Land komme, bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Es ist einfach spannend. Und außerdem gewöhne ich mich so nicht zu sehr an irgendwelche Privilegien. Dieses stetige Kämpfen lässt mich Mensch bleiben. Nicht, dass ich dazu neige, abzuheben. So ist es nicht. Aber ich will es auch gar nicht drauf ankommen lassen. (lacht) Ich hasse nichts mehr als Oberflächlichkeit.

MusikBlog: Da hast du dir ja den richtigen Job ausgesucht.

Kim: (lacht) Für mich ist die Musik kein Job. Das ganze Umfeld, der Rummel, die Charts, die Kohle und der Schampus interessieren mich nicht die Bohne. Für mich zählt nur der Moment, wenn ich eine Bühne betrete und anfange Musik zu machen. Das ist mein Leben. Das war schon immer so. Ich brauche das ganze Drumherum nicht.

MusikBlog: Du bist nicht der erste Musiker, der das behauptet.

Kim: Ja, ich weiß. Ich weiß aber auch, dass ich morgens vor dem Spiegel stehe und einen Typen sehe, der sich nichts vormacht. Ich belüge mich nicht selbst.

MusikBlog: Hat diese Form von Selbstwahrnehmung auch etwas mit deiner Vergangenheit als Straßenmusiker zu tun?

Kim: Auf jeden Fall. Hätte ich den großen Reibach vor Augen gehabt, wäre ich mit 18 sicher nicht von zu Hause ausgezogen. Wahrscheinlich hätte ich alles durchgeplant, Kontakte geknüpft und versucht, in irgendeine Tür zu schlüpfen. Das habe ich aber nicht. Ich bin raus in die weite Welt. Ich habe mir meine Gitarre geschnappt, bin in meinen Van gestiegen und losgefahren. So sah mein Plan aus. Da steckte kein Businessplan dahinter. Ich wollte nur Musik machen. Und ich wollte mich ausprobieren, andere Menschen und Orte kennenlernen.

MusikBlog: Du hast bereits als Vierjähriger mit der Gitarre experimentiert. Mit dem Singen hast du allerdings erst viel später angefangen. Woran lag das?

Kim: Ich wuchs sehr abgeschieden auf. Es gab dort keine Bands, keine Szene und keine Clubs. Es gab eigentlich nur eine Handvoll Typen, die den ganzen Tag Rugby gespielt haben, während der Rest am Strand lag. Es war also nicht gerade der perfekte Ort für einen eher schüchternen Heranwachsenden, der auf Kerle wie Bob Dylan und Neil Young stand. Meine Mutter hat mich zwar immer zum Singen ermutigt. Ich selbst fühlte mich aber lange Zeit unwohl dabei. Ich sang hier und da in Chören. Auch in der Schule bin ich mal vors Mikrofon getreten. Aber eigentlich fühlte ich mich dem Ganzen nicht so richtig gewachsen. Dieses Selbstvertrauen entwickelte sich erst mit der Zeit. Irgendwann merkte ich, dass mein Gesang eine Stärke und keine Schwäche war. So kam der Ball dann schließlich ins Rollen. Heute könnte ich mir nichts anderes mehr vorstellen.

MusikBlog: Du trittst in der Regel alleine auf. Da bist nur du, deine Gitarre und zahlreiche andere Instrumente, mit denen du während deiner Songs arbeitest. Gibst du ungerne Dinge aus der Hand?

Kim: Das hat weniger mit einem ausgeprägten Kontrollzwang zu tun. Als ich anfing auf der Straße zu musizieren, bot es sich einfach an. Da war dieser Wunsch, alleine durch die Straßen zu ziehen. Meine Musik sollte aber auch komplett klingen. Also nahm ich so viele Instrumente wie möglich mit und übte so lange, bis ich alles unter einen Hut bekam. Außerdem war ich stets ein Hingucker. (lacht) Ich hatte eine Gitarre umgeschnallt, eine Bass-Drum vor mir, eine Mundharmonika im Mund und zahlreiche kleinere Instrumente vor mir auf dem Boden zu liegen. Da blieben die Leute stehen. Die wollten wissen, wie das klingt. Und so entwickelte sich das dann halt.

MusikBlog: Hast du jemals daran gedacht, es mal mit einer richtigen Band zu versuchen?

Kim: Oh ja. Davon träume ich auch heute noch.

MusikBlog: Wirklich?

Kim: Ja, auf jeden Fall. Das ist ein Traum von mir. Ich habe mittlerweile so viele Sound-Ideen, die sich nur noch schwer alleine bewerkstelligen lassen. Auf meinem neuen Album gibt es einige sehr markante elektronische Einwürfe. Das kann man im Studio alles wunderbar alleine arrangieren. Aber auf der Bühne brauche ich da irgendwann sicherlich Unterstützung. Ich würde unheimlich gerne einmal mit einer richtigen Band unterwegs sein.

MusikBlog: Schon Kontakte geknüpft?

Kim: Ich habe auf meinen Reisen viele Musiker kennengelernt. Und wer weiß? Vielleicht entwickelt sich hier und da mehr. Ich bin dahingehend auf jeden Fall sehr offen. Wir werden sehen, was die Zukunft bereithält.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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