Irgendwie sind die Stereophonics schon ein seltsames Phänomen. Im Rest der Welt eher im zweiten Glied, zählen sie in England zu den erfolgreichsten Bands der letzten zwanzig Jahre. Und während fünf Sterne vergebende Kritiker angesichts ihrer acht Alben immer wieder gerne eher die „Drei“ zückten, verkauften sie sich im Königreich absolut blendend. So waren fünf ihrer Alben auf der Topposition der Charts zu finden inklusive ausverkaufter Arenen und Presserummel um Stereophonics-Kopf, Sänger und Songwriter Kelly Jones.

Solides Handwerk, gute Rockpräsentation, so etwas wie bodenständige Ehrlichkeit und griffige Texte dürften einen Teil ihres Erfolgs ausmachen. Allerdings waren sie dabei auch nie übermäßig originell, packend oder sonst wie herausragend. Dass die Waliser mit insgesamt 23 Jahren Laufzeit zu den wenigen noch erfolgreich agieren Überlebenden Bands der Neunziger gehören, lässt sich aber natürlich auch nicht einfach wegwischen.

„Keep The Village Alive“ heißt Stereophonics-Album Nummer Neun. Und wie sein Vorgänger „Graffiti On The Train“ basieren auch hier viele Songs auf einem Drehbuch, an dem Kelly Jones schon länger arbeitet und das nächstes Jahr in einen Film umgesetzt werden soll. Die Songs stehen allerdings für sich, so dass man sich um die Story über zwei auf Reisen gehende Kleinstadt-Teenager nicht unbedingt weitergehende Gedanken machen muss.

Und eigentlich fängt’s auch gar nicht mal so übel an. Das schon als Single ausgekoppelte „C’est La Vie“ kommt flott rockend und gut abgeschmeckt mit einer guten Prise 70er Punk. Aber schon mit dem zweiten Stück „White Lies“ verliert sich der anfängliche „Oho/Aha“-Effekt auch direkt schon wieder. Angesichts pathetischer Schwellgungen im U2- und Coldplay-Bereich kann man sich gut vorstellen, wie der Song im Radio auf die Staumeldungen hinleiten könnte. Sediersound für genervte Blechbüchsenbewohner.

Mit „Sing Little Sister“ geht’s rockig weiter. Seine rockende Derbheit kommt schon relativ authentisch rüber. Und wie man Songs aufbaut, weiß Kelly Jones sowieso. Aber das Riff, auf dem der Song basiert, ist jetzt nicht gerade das Neueste und wird über drei Minuten etwas ausgelutscht. Generell zeigt der Song damit auch schon die schon oben erwähnte Grundthematik der Band. Handwerklich sind sie gut, sie können auch rocken und Kelly Jones ist ein versierter Sänger und Songschreiber, aber trotzdem packen sie einen nicht richtig. Es fehlen einfach immer einige Portionen Originalität. Alles ok, aber auch nicht zwingend. Irgendwie haben sich die Stereophonics ihre eigene Form von Rock-Mainstream kreiert.

Am Überzeugendsten kommen noch „Fight Or Flight“ und „Sunny“, denen Arrangeur und Filmkomponist David Arnold (James Bond, Independence Day, Sherlock etc.) mit seinen Fähigkeiten unter die Arme gegriffen hat. Das hat er zwar auch bei „My Hero“ und „Song For The Summer“, aber beide Songs verlieren sich eher in Kitsch und etwas schmalzigem Bombast („My Hero“). Am Ende des Albums zeigt Kelly Jones auf „Mr & Mrs. Jones“, dass er durchaus ein guter Sänger ist. Wie übrigens auch auf dem schon erwähnten Opener „C’est La Vie“.

Neu erfunden haben sich die Stereophonics mit „Keep The Village Alive“ natürlich nicht. Gut, das haben sie ja eigentlich auch noch nie. Unangefochten von allen Trends und Entwicklungen haben sie immer ihren eigenen Stiefel durchgezogen. Und dass sie so klingen, wie sie es nun mal tun, kann man ihnen natürlich nicht zum Vorwurf machen. Will man aufregendere, spannendere, unerwartete Klänge haben, sollte man eben etwas anderes hören. Aber anscheinend gibt es genug Menschen, denen die Stereophonics zusagen und die werden mit „Keep The Village Alive“ in bewährter Weise gut bedient. Das Album zeigt in dem Bereich jedenfalls keine Ermüdungserscheinungen und Kelly Jones und Band wissen ihr Publikum immer noch souverän zu unterhalten.

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