Ok, an den Bandnamen hat man sich dann doch irgendwann gewöhnt. Im Internet ist er zwar immer noch eher unpraktisch, aber das war vor 19 Jahren, als Nic Offer !!! bzw. Chk Chk Chk gegründet hat, ja auch noch kein Faktor. Dass die Band auch nach so vielen Jahren noch absolut relevant ist, macht „As If“ deutlich. Auf ihrem sechsten Album verschmilzt das Sextett aus New York, Funk, Pop, House, Disco, Indie, Punk und was ihnen sonst noch so in die Finger gefallen ist, zu einem extrem kurzweiligen, clever brodelnden Mix. Die Mischung ist bei ihnen zwar nicht neu, aber „As If“ führt dies noch mal auf ein neues Level. Wir sprachen mit Nic Offer über das Album, den Affen auf dem Cover, Tanzen, Pop und diverse andere Dinge.
MusikBlog: Hallo Nic. Wie ist es, mal wieder in Berlin zu sein, immerhin bist du ja auch hier geboren.
Nic Offer: Wir sind zwar erst letzte Nacht angekommen, aber ich bin schon ein bisschen rumgelaufen. Ein wunderbarer Tag heute. Ja, schon komisch. Ich glaube, ich werde immer eine besondere Beziehung zu dieser Stadt haben. Sie war immer eine meiner Lieblingsstädte und das ist auch so geblieben. Ich höre oft „Inzwischen gibt es zu viele Touristen hier“ oder „Berlin wird immer mehr zur Partystadt“. Aber egal. Immer wenn ich wieder hier bin, liebe ich es. Mir hat es das noch nicht verdorben.
MusikBlog: Mit „As If“ erscheint jetzt euer sechstes Album in 19 Jahren. Werden Plattenproduktionen und Veröffentlichungen in so langer Zeit dann schon ein bisschen zu einer Routine?
Nic Offer: Das ist interessant. Ich glaube, du bist erst der Zweite, der mich überhaupt danach fragt. Es war mir bislang auch noch nie in den Sinn gekommen, dass ich es so empfinden könnte. Aber ich bin froh, dass ich nicht so fühle und ein Album nicht nur als Routine ansehe. Wenn man eine Platte macht, dann verbringt man ca. drei Jahre damit. Und wenn sie dann fertig ist, dann ist es immer ein wunderbares Gefühl. Wenn man mitten in den Aufnahmen steckt, hat man oft das Gefühl, dass man niemals fertig werden wird. Man steigt einen Berg hoch, dessen Gipfel man nicht sehen kann. Von daher ist es immer eine tolle Sache, ein Album fertig zu haben.
MusikBlog: In einem Interview mit dem englischen Magazin Spin zum neuen Album hast du gesagt, dass die Leute nach so langer Zeit keine direkten Erwartungen mehr an euch hätten. Das ist ja eigentlich auch eine recht komfortable Situation. Man hat alle Freiheiten und kann machen, was man möchte.
Nic Offer: (lacht) In mancher Hinsicht ist es das auch. Natürlich will man, dass viele Leute deine Musik hören, aber irgendwie kämpft man auch ein bisschen dagegen an, zu gefällig zu sein. Bei einem Interview gestern war nahezu die erste Frage „Warum sechs Alben? Was habt ihr der Welt nach sechs Alben noch zu sagen?“ Im weiteren Verlauf des Interviews wurde mir dann absolut klar, dass er sich das Album überhaupt nicht angehört hat. Das ist frustrierend. Aber ok. Ich mache ihm keinen Vorwurf. Möglicherweise würde es mir auch schwerfallen, eine Band, die 19 Jahre dabei ist noch ernst zu nehmen. Aber wir haben versucht, eine frische Einstellung zu bewahren und uns dadurch weiterzuentwickeln. Ich hoffe, dass das auch rüberkommt. Und ich hoffe auch, dass wir etwas Neues entdeckt haben.
MusikBlog: „As If“ ist auch das erste Album, das ihr in großen Teilen ohne einen Produzenten aufgenommen habt. Warum habt ihr euch diesmal dafür entschieden alles selber zu machen?
Nic Offer: Eigentlich hatten wir es uns nicht ausgesucht. Es hat sich so ergeben. Wir konnten niemanden finden, der für uns als Producer in Frage kam. Anfangs haben wir noch ein paar Sachen mit Jim Eno aufgenommen, der auch unser letztes Album produziert hat. Aber als dann Spoon letztes Jahr ihr neues Album rausgebracht haben, musste er mit ihnen auf Tour. Er war auch sonst ziemlich beschäftigt. Und so kam es, dass wir die einzigen waren, die den Sound hinbekommen konnten, den wir haben wollten. Aber es war spannend. Das hat dem Ganzen ein bisschen das Gefühl von Gefahr gegeben. Was ich bei einem Album sowieso für eine gute Sache halte. Es war das schwierigste Album, das wir gemacht haben. Aber auch das, bei dem wir am meisten gelernt haben.
MusikBlog: Hat der Titel „As If“ eigentlich eine besondere Bedeutung?
Nic Offer: Er deutet viele Möglichkeiten an. „Als ob“ dies oder „Als ob“ das. Wir konnten ein Stück machen, als ob wir eine Disco-Glamband wären. Auf dem nächsten Stück konnten wir so tun, als ob es eine Neunziger House-Nummer wäre. Und beim Nächsten dann wiederum, als ob es ein Motown-Stück wäre.
MusikBlog: Also im Prinzip so eine Art musikalisches Rollenspiel als Konzept?
Nic Offer: Ja, genau! Das war unsere Idee dabei.
MusikBlog: Und wie kam’s, dass ihr euch auf dem Cover zum Affen gemacht habt?
Nic Offer: (lacht) Ich hatte den Eindruck, dass das Bild von dem Affen ganz gut zum Titel passt. Es hat etwas Freches und greift auch das „Als ob“ wieder auf. Als ob es ein schickes Mädchen auf dem Cover wäre, das mit großer Geste irgendetwas anpreist. Außerdem hat der Affe noch eine andere Bedeutung. Man mag in ihm auf dem Bild so etwas wie einen Clown sehen, aber eigentlich geht es mehr darum, in dem Affen sein eigenes wirkliches, ursprüngliches Ich zu erkennen.
MusikBlog: Ich vermute mal, dass bei den Aufnahmen kein Affe zu Schaden kam.
Nic Offer: (lacht) Da würde ich mir keine Sorgen machen. Hätte sie (die Affendame) es nicht gewollt, dann hätten wir es auch nicht machen können. Das heißt, zuerst wollte sie auch nicht, aber dann hat es doch geklappt. Der Shoot hat wirklich Spaß gemacht.
MusikBlog: Was euch anscheinend auch Spaß macht, ist jammen. Ihr seid keine Band, bei denen nicht jemand einen Song mitbringt, der dann ausgearbeitet wird. Vieles entwickelt sich bei euch aus Improvisationen.
Nic Offer: Wir jammen stundenlang und nehmen alles mit dem Computer auf. Dann schneiden wir die besten Stellen raus und loopen sie. Es gibt immer diese Hot Spots, wenn man sich aufeinander eingegroovt hat und es gut läuft. Und das bildet dann die Basis, um daraus einen Song zu machen. Das ist so im Prinzip unsere Arbeitsmethode. Auf diese Weise sind schon einige Sachen entstanden.
MusikBlog: Improvisieren und Jammen sind also so etwas wie der Motor, der !!! in Gang hält?
Nic Offer: Mit Sicherheit! Die Sache mit dem Jammen ist, wenn man so über zwei Stunden dabei ist, befindet man sich an einem komplett anderen Ort, als der Punkt von dem aus man gestartet ist. Beim Improvisieren kann deine Fantasie mehr erreichen, als wenn du alleine einen Song schreiben würdest. Wenn es gut läuft, dann ist es so als würden fünf, sechs Leute zusammen eine Ebene erreichen, zu der sie alleine nie gefunden hätten. Jammen ist schon so etwas wie der Lebensnerv der Band.
MusikBlog: Über die Jahre hat es bei euch auch immer wieder Besetzungswechsel gegeben. Neue Musiker bringen natürlich auch wieder andere Einflüsse und Impulse mit ein. Ist das auch etwas, das !!! in Bewegung hält?
Nic Offer: Das glaube ich wirklich. Zum Beispiel als Rafael Cohen beim letzten Album zu uns kam, hat das unser Songwriting auf ein neues, gutes Level gebracht. Das was er in die Band bringt, treibt auch mich dann wieder an und inspiriert mich. Das macht mich glücklich. Immer wenn ich in New York an der Stelle vorbeikomme, an der wir damals standen und er mir sagte, dass er in die Band einsteigen würde, berührt mich das und ich denke „Yeah! Hier fing damals für die Band eine neue Ära an.“. Es wirklich für uns sehr wichtig. Und jedes neue Bandmitglied hat uns immer musikalisch weitergebracht.
MusikBlog: Kernstück und Basis eurer Musik sind natürlich die Grooves. Tanzt du auch selber? Bei manchen Musikern hat man ja eher den Eindruck, dass sie zu cool sind, sich auch mal selber auf einer Tanzfläche zu bewegen.
Nic Offer: Oh ja! Absolut! Ich tanze gerne. Ich gehe immer noch in Clubs. Tanzen ist eine großartige Sache, um ganz in der Musik aufzugehen und sie durch sich durch gehen zu lassen. Aber du hast schon recht. Ich kenne eine Menge guter DJ’s, die niemals tanzen. Für mich war es allerdings schon immer sehr wichtig.
MusikBlog: Und mit welcher Musik bekommt man dich am besten auf den Dance-Floor?
Nic Offer: Möglicherweise House. Aber eigentlich alles, in dem der DJ gut ist. Techno, House, Disco. Ich mag es, wenn es ein DJ schafft, mich mit etwas zu konfrontieren, das ich nicht erwartet hätte oder nicht kenne und ich mir nicht mehr sicher bin, ob das jetzt Techno, House oder Disco ist. Oder, ob es letzte Woche rausgekommen ist oder schon ein paar Jahre alt ist. Ich mag diese Momente, in denen man überrascht wird und man nicht einordnen kann, was gerade läuft.
MusikBlog: Ein anderes wichtiges Element bei !!! ist Pop. Und Pop ist ja ein ziemlich breiter und vielschichtiger Begriff. Was siehst du in ihm?
Nic Offer: Pop bedeutet für mich, dass etwas effektiv ist. Pop bedeutet, dass es die ganze Zeit dein Interesse auf sich zieht und du nichts anderes machen kannst. Es bedeutet, dass es sich in deinem Kopf festsetzt und du nicht anders kannst, als es zu mögen. Und um diesen Aspekt geht es uns auch. Wir wollen eure Aufmerksamkeit wecken und auch behalten. Pop bedeutet, dass etwas gut ist. Egal, in welchem Stil es ist. Sogar Noise. Wenn es guter Noise ist, dann ist es auch irgendwie catchy. Jedenfalls für mich.
MusikBlog: Ab Ende Oktober geht ihr mit „As If“ auf Tour. Was mich verwundert hat, ist, dass ihr keinen einzigen Gig in Deutschland spielt. Wie kommt’s?
Nic Offer: Da sagst du was. Darüber bin ich wirklich auch nicht glücklich. Leider hatte ich aber auch keinen Einfluss darauf. Das sind die Dates, die unser Booker für uns gebucht hat. Ich spiele hier eigentlich mit am liebsten und ich war ziemlich enttäuscht, als er mir die Liste zeigte. Ich weiß nicht, was ich sonst sagen könnte. Aber wir hoffen, dass es dann im Frühjahr klappt.
MusikBlog: Drücken wir mal die Daumen. Gibt es bei dir noch bestimmte Ziele, die du mit !!! oder überhaupt als Musiker erreichen möchtest?
Nic Offer: Eigentlich wäre ich gerne wie Nick Cave, der einfach immer weiter gute Platten produziert. Das will ich auch. Und ich möchte niemals damit aufhören. Auch nicht mit dem Touren oder damit, mit den Jungs zu spielen. Ich will einfach nur weiter gute Platten machen.
MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.