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Wir wollen mehr sein als eine Ex-Schülerband – Kytes im Interview

Es war der 12. Juni 2015. Vor dem Münchner Strom wartete eine riesige Menschenschlange auf den Einlass. Ein ausverkauftes Konzert eben. Doch so richtig konnte man nicht glauben, dass jeder dieser Menschen auf das erste Konzert von Kytes wollte. Eine Band, die gerade mal ein halbes Jahr existiert und von der noch niemand so richtig etwas gehört hatte. Das Konzert war trotzdem eine große Überraschung. Tanzbare Beats, eingängige Gitarrenriffs und elektronischen Klangflächen prägen den jungen Sound der Kytes. Gestern spielten sie beim PULS Festival in München. Wir sprachen mit Schlagzeuger Timothy Lush über ein knappes halbes Jahr Kytes, ein neues Album, Erfolg und einiges mehr.

MusikBlog: Seit letzter Woche ist eure erste EP „On The Run“ draußen. Auf den ersten Blick erinnert eure Musik an Bands wie Foals oder Two Door Cinema Club. Wie beschreibt ihr selbst eure neuen Lieder?

Timothy Lush: Mit Foals und Two Door Cinema Club habt ihr es schon gut getroffen. Beide sind große Einflüsse und wirklich Bands, die wir gern mögen. Foals haben wir vier letztes Jahr zusammen gesehen, und es war unser Konzert des Jahres. Generell machen wir aber Musik, die Spaß machen soll, zu der man tanzen kann und das Publikum gute Stimmung bekommt. Wir sind selber Fans davon, Musik zu machen, die Energie hat und nicht ganz so ruhig ist. Dabei legen wir auch keinen Wert auf Genre. Ist es jetzt Indie oder Elektro-Pop? Bei uns fließt einfach das ein, was uns gefällt.

MusikBlog: Welche Gedanken hattet ihr beim kreativen Prozess des Schreibens und wie sieht dieser bei euch aus?

Timothy Lush: Bei uns ist das immer so, dass wir erst die Musik entwickeln und danach die Texte schreiben. Im Proberaum kommen die Ideen und wir spielen einfach, beziehungsweise schauen, wo das hinführt. Der Michi, unser Sänger, singt immer irgendwas dazu, aber ohne richtigen Text. Kauderwelsch halt. Und wir schauen dann, was sich gut anhört. Irgendwelche Sätze oder Wörter, an denen wir uns festhalten. Michi und ich schreiben danach die Texte, und die sind uns immer sehr wichtig. Wir unterhalten uns über die Gefühle, die wir bei dem Lied empfinden und schreiben darüber.

Bei „On The Run“ geht es um den Ausbruch aus dem alten Leben und das beschreibt unsere Situation auch ganz gut. Wir sind gerade an einem Punkt, wo es sich entscheidet, wie es mit uns weiter geht. Weiter mit der Musik und weg von unseren alten Jobs oder nicht? Manche Texte beinhalten aber auch Geschichten. Bei „Two Of Us“ geht es um einen Typen, der zwei Stimmen im Kopf hat. Viele denken, dass es bei dem Lied um eine Liebesgeschichte geht, aber wenn man genauer hinhört wird deutlich, dass es doch um etwas anderes geht. Generell schreiben wir aber über Sachen, die uns selber passiert sind oder uns berühren.

MusikBlog: Ist es euch auch schon mal passiert, dass ihr an einem Song gearbeitet habt und irgendwann kam euch der Gedanke „Hm, irgendwie ist das noch nicht so ganz stimmig. Da fehlt uns irgendwas“?

Timothy Lush: Auf jeden Fall. Das passiert sogar relativ oft. Wenn wir im Proberaum sind, nehmen wir meistens parallel mit auf und hören danach die Lieder noch einmal an. Bei „On The Run“ haben wir viel experimentiert. Anfangs war der Sound komplett anders und wir dachten uns, dass das noch nicht der richtige Weg ist. Wir saßen lange im Proberaum haben die Songs hoch und runter gehört und irgendwann kamen uns die Ideen. Es gehört halt ziemlich viel Arbeit dazu neue Lieder zu schreiben. Es ist ja nicht so, dass man sich zwei Stunden hinsetzt und ein komplettes Lied schreibt. Man braucht halt viel Ausdauer und darf halt nicht aufgeben.

MusikBlog: Im Sommer war euer erstes Konzert im Münchner Strom und seitdem seid ihr auf Tour. Wie sieht euer Touralltag aus und was hat sich seitdem verändert?

Timothy Lush: Seit unserer Show im Strom hat sich viel verändert. Wir haben bisher schon 16 oder 17 Konzerte gespielt und man merkt die Routine. Alles ist deutlich entspannter und gelassener.
 Unser Touralltag sieht so aus, dass wir früh am Morgen in die nächste Stadt fahren und auf dem Weg dahin noch Promotion machen. Wir geben für Zeitungen und Blogs Interviews, spielen ein paar Songs im Fernsehen oder Radio und kommen danach auch gleich bei dem nächsten Venue an. Aufbau, Soundcheck und dann geht auch schon das Konzert los. Danach wieder alles abbauen und am nächsten Tag geht das wieder von vorne los. Es ist auf jeden Fall alles durchgeplant und es bleibt wenig Zeit für die Städte an sich, aber es macht viel Spaß.

MusikBlog: Ich habe euch nun schon zweimal live gesehen und musste sagen, dass ihr innerhalb der letzten drei Monate extrem sicherer geworden seid. Eure Aktionen auf der Bühne, aber auch mit dem Publikum wirkten sehr routiniert. Kam das alles in den letzten Monaten oder musstet ihr euch erst daran gewöhnen, was komplett anderes zu machen?

Timothy Lush: Wir machen uns immer Gedanken darüber, wie wir uns verbessern können. Man kann halt schlecht planen, wie man sich auf der Bühne bewegt, was man sagt und ob das Publikum mit uns zieht. Es hängt halt viel davon ab, wie die Stimmung ist. Der Rest passiert einfach spontan. Bei unserem ersten Gig spielte auch die Aufregung eine große Rolle. Es war der erste große Auftritt, teilweise mit neuen Instrumenten und daran musste man sich erstmal gewöhnen.

MusikBlog: Obwohl ihr offiziell in diesem Jahr gegründet wurdet, habt ihr vorher als Blind Freddy schon Musik gemacht. Was hat euch zu dem Schritt bewogen, eine neue Band zu gründen?

Timothy Lush: Blind Freddy war eine Schülerband. Aus der hat sich auch was entwickelt. Wir hatten in München eine kleine Fanbase und durften sogar bei Rock am Ring und Rock im Park spielen. Das war alles sehr schön, aufregend und eigentlich mehr so eine Art Leidenschaft. Vor einem Jahr waren wir im Studio und wollten neue Songs für Blind Freddy aufnehmen, aber irgendwie haben wir uns komisch gefühlt und uns gefragt, was wir hier genau machen und wie wir unsere Ziele definieren. Ziemlich schnell wurde uns dann klar, dass wir mehr machen wollten, als nur die kleine lokale Ex-Schülerband zu sein. Daraus entstand dann Kytes, weil es ein neuer Schritt in unserem Leben war.

MusikBlog: Man kann also sagen, dass ihr Zeit und Erfahrung brauchtet, um Erfahrung und Selbstbewusstsein zu sammeln?

Timothy Lush: Genau. Wir haben auch viele Fehler gemacht und auf Leute gehört, die einfach nur mitmischen wollten. Trotzdem ist unser Netzwerk immer größer geworden und wir halten zu Leuten wie Christoph Schaller oder Ferdinand Feldmann, die fast alle unserer Fotos und Videos machen, von Anfang an engen Kontakt.

MusikBlog: Wenn man vorher unter einem anderen Namen unterwegs gewesen ist, entstehen gewisse Erwartungen beim Publikum. Wie seid ihr damit umgegangen?

Timothy Lush: Blind Freddy war jetzt nicht so groß, aber dennoch gibt es immer wieder Konzerte, wo alte Lieder reingerufen werden. Kytes ist aber ein neuer Abschnitt und die alten Lieder kommen erstmal nicht in Frage. Es geht um neue Songs, Erlebnisse und Gefühle. Vielleicht spielen wir irgendwann mal wieder ein altes, aber dann auch nur, weil wir Bock darauf haben. Der Zuspruch ist trotzdem groß. Die neuen Songs funktionieren nicht nur bei uns, sondern auch beim Publikum bzw. unserer Fanbase.

MusikBlog: Um jetzt von der Vergangenheit in die Zukunft zu kommen: Was sind eure mittelfristigen Ziele?

Timothy Lush: Wir wollen noch lange zusammen Musik machen. Das ist irgendwie das wichtigste. Wenn man dann noch davon leben kann, ist eigentlich alles perfekt. Ein kleineres Ziel ist das Album nächstes Jahr. Wir wollen unser erstes richtiges Album rausbringen. Dass Festivals und eine ausgedehnte Tour im Jahr 2016 auf dem Plan stehen, ist auch sehr wichtig. Der Rest wird sich ergeben.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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