Shearwater haben schon einige Spuren im Staub der Musiklandschaft hinterlassen, „Jet Plane And Oxbow“ ist bereits das neunte Album der Band mit den texanischen Wurzeln. Bekannt und geschätzt durch ihren, Mensch und Maschine sensibel verbindenden, folklastigen Elektro-Pop, mit dem sie 2001 auf „The Dissolving Room“ starteten, gewannen ihre Platten im Laufe der Zeit progredient an Lautstärke und Intensität.

Zarte Piano-Themen steigerten sich im Verlauf zu packenden Schlußakkorden und spätestens mit dem Longplayer „Animal Joy“ entfernte sich Mastermind Jonathan Meiburg mit seinen Männer vom Klanggerüst, welches sich seit seiner Zeit bei Okkervil River über das Songwriting des studierten Ornithologen spannte. Das neue Album überrascht jetzt mit geradezu opulenten Arrangements in bester Indie-Rock Manier.

Wenn der Opener „Prime“ nach seinem leicht fernöstlich eingefärbten Einstieg noch merklich den Fuß auf der Bremse hat, folgt mit „Quiet Americans“ ein Stück, welches in den Achtzigern wahrscheinlich die Pole-Position der Charts erobert hätte, und heute das Zeug für den ersten richtigen Radio-Hit von Shearwater haben dürfte. Während der Titel von seinen Schwingungen im Verlauf lebt, eignet sich anschließend das vom forschen Interpol-Schlagzeug angetriebene „A Long Time Away“ mit seiner Big Country Aura im Refrain (wieder grüßt das Jahrzehnt der Schulterpolster) bestens als straighter Dancefloor-Füller.

Trotz dieser Verneigungen vor dem Gestern ist „Jet Plane And Oxbow“ kein Retro-Album, im Gegenteil. Mit dieser Platte verlässt die Band ihr introvertiertes Nischendasein, positioniert sich in der Gegenwart und wird in der Zukunft ein breiteres Publikum erreichen als bisher. Offen und eingängig, vollmundig, oft schwelgerisch präsentieren sich die meisten Tracks, Referenzen dafür sind die melancholisch-retrospektiven „Wildlife In America“ und „Only Child“ oder das schon Mini-Stadion taugliche „Pale Kings“.

Seine Inspiration für den neuen Sound holte sich der passionierte Vogelbeobachter Meiburg auch aus noch früheren Dekaden. Die Musik der späten Siebziger, einer Zeit, in der für seine Ohren die Technik von der Musik Besitz ergriff und ihr neue Horizonte öffnete, beeindruckte ihn ebenfalls. Folgerichtig klingen „Filaments“ und „Radio Silence“ mächtig nach der Klang-Epoche als die Synthesizer groß wie Kommoden waren und Bands wie Neu! den Krautrock etablierten.

Auch im ruhigeren Fahrwasser überzeugt das Album. „Backchannels“ mit seinem glasklaren Gitarren-Solo ist mit seiner gefühlvollen Kraft dabei weit von den kitschigen Power-Balladen entfernt wie man sie im Genre Snow Patrol gern anbietet. Raum für ganz große Gefühle bietet dann der vom Bass durch die Nacht getragene Rausschmeißer „Stray Light At Clouds Hills“ .

Ein astreines Indie-Album liefern Shearwater hier ab, musikalisch überzeugend und mit Attitüde. Umweltaktivist Meiwald betrachtet die Platte als Abrechnung mit dem global oft kontraproduktiven Verhalten seines Heimatlandes USA.

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