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VAUU – Heile Welt – Keine Schüsse in die Luft

Ein junges Berliner Rap-Debüt, das mit waschechter Bandbesetzung aufgenommen wurde, aber nicht auf den Kraftklub-Zug aufspringt. Das ähnlich wie Cro auf Battlerap verzichtet, aber doch ein wenig mehr Tiefsinn wagt als dessen “Raop”. Die Gemeinsamkeit: Auch VAUU beweist mit “Heile Welt”, das Pop und Rap kein Doppelleben führen müssen.

Wer in Sachen Deutschrap die Panda- der Totenmaske vorzieht, wird an VAUU sicherlich Gefallen finden. Poppige Gitarren und markante Synthie-Melodien, wohin man auch hört. Für Klavierpathos ist mit auch textlich nah am Kitsch gebauten Tracks wie “Wohin mit mir” ebenfalls gesorgt. “XYI” ist zwar kein “XOXO“, aber dank eingebauter Streicher ebenfalls sehr nah am Wasser gebaut. Diese Radioaffinität zeichnet alle Nummern des Albums aus und dürfte durchaus dazu führen, dass der junge Mann schon bald einem größerem Publikum ein Begriff sein könnte. Es sei ihm gegönnt.

So werden auch gar keine Ansätze in Richtung Freestyle-Tradition unternommen, dafür will man anscheinend lieber neben Interpreten wie Prinz Pi einsortiert werden. Außerdem will VAUU auch gar nicht aus Berlin weg, weil er sich da “irgendwo zwischen Ficken und Romantik” ziemlich wohl fühlt. “Bis morgen früh, unser wunderschöner Traumplatz / So ist das Leben, willkommen in der Hauptstadt”, heißt es euphorisch in der Nummer “Guten Morgen Berlin”, die geschickt mit kleinen NDW-Referenzen zu spielen scheint. Das ist meilenweit entfernt vom Underground – VAUU zitiert in seiner Hauptstadt-Hymne lieber Sokrates.

Ein Gefühl für markante Melodien und versierte Sprachspiele muss man VAUU attestieren, ein Gespür für nicht-plakative Refrains sucht man aber größtenteils vergeblich. Strophen wie “Lass uns leben, lass uns leben, lieber alles verlieren als nie alles gegeben” wirken leider nahezu wie Schlager-Importe. Doch man kann in den Texten, die sich größtenteils um zwischenmenschliche Trennungen und Alltagssituationen in seiner geliebten Großstadt drehen, auch erwachsenere Passagen finden, die eher in Richtung Philipp Dittberner-Lyrik und sensibler Philipp Poisel-Poesie gehen. Wer Fan jener Interpreten ist, dürfte hier an der richtigen Adresse sein.

Keine Frage, VAUU ist ein interessanter Nachwuchs-Rapper und präsentiert ein überdurchschnittliches wie auch kurzweiliges Album. Gelegentlich wünscht man sich aber ein wenig mehr Kanten, ein wenig mehr Bosheit. Oder ein wenig mehr Witz, wie es Viertelnachbar Romano vorgemacht hat. Klapse auf den Po werden nicht verteilt.

Trotz der vielfach bemühten Authentizität des Rappers, fehlt es einfach ein wenig an Drastik. Andererseits ist es durchaus eine Form von Konsequenz, dass er sich nicht an einer einzigen Stelle um vulgäre Verse und ein konstruiertes Ghetto-Image bemüht. Das Berlin, das “Heile Welt” zeichnet, kennt keine graue Betonblock-Ästhetik – oder will sie nicht kennen. Es ist laut, kunterbunt und voll von Pop. Ob das wirklich authentisch ist, muss am Ende jeder selbst entscheiden.

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