Axel Bosse zum Sechsten! Nachdem vor drei Jahren „Kraniche“ mit dem Hit „Schönste Zeit“ den bodenständigen Musiker direkt aus dem „Wartesaal“ seiner 2011er Platte in die Spitzengruppe der hiesigen Musikszene katapultierte, gewann seine Karriere noch einmal an Fahrt. Mit Preisen überhäuft festigte die Tour zum Album nicht nur wegen ihrer opulenten Akustik-Shows seinen, längst verdienten, Status als begnadeter Geschichtenerzähler. Die energiegeladenen Festivalauftritte beim Kosmonaut oder beim Castival begeisterten auch Zuschauer, deren musikalische Vorlieben an anderer Stelle verortet schienen.
Danach war der Musiker verständlicherweise erst einmal platt, das neue Album nach diesem Erfolg eine entsprechend große Herausforderung. Es galt Themen zu finden, die auf fünf Platten noch nicht bearbeitet wurden, am Ende stand ein Blick ohne Zorn zurück und eine Jetzt-Bestandsaufnahme im Fokus des Songwriting. Bosse war viel unterwegs und zog sich zurück, denn Freiräume sind ihm wichtiger denn je. Und so wundert es nicht, dass die letzten Ideen den Stücken im beschaulichen Umbrien beigefügt wurden.
Eine Hommage an das Leben ist entstanden, an das Genießen, an das Gelingen und die „Scheiß drauf“- Momente, in denen man den Glücks-Klammer-Blues mit dem Leben nie mehr stoppen möchte. Eine Ode an das sture Kind im Manne (natürlich auch in der Frau), an das Verlassen bodenständigen Sicherheitsdenkens für den einen berauschenden Endorphin-Schub.
Aber es geht auch um den Infight mit sich selbst, um Ordnung zu schaffen, sich von Altlasten zu befreien und das Akzeptieren des eigenen Versagens, wenn diese Einsicht, wie in seiner ersten Single „Steine“, nicht selten weh tut. Verpackt hat der scharfe Beobachter von Umbruch und Befindlichkeit der Menschen in den besten Jahren alles in elf Storys voller intuitiver Sensibilität, jenseits des Verdachts einer beginnenden Midlife-Crisis.
Musikalisch geht es mehr denn je in die Vollen. Was manchmal Thees Uhlmann like beginnt, wächst zu komplexen Einheiten aus Gitarren, Streicher, sogar Chören an. Mal leise, mal laut, oft so dick arrangiert, dass die live Umsetzung des Materials ein Vergnügen werden dürfte.
Der Opener „Außerhalb der Zeit“ definiert den weiteren Verlauf von Engtanz, vieles schleicht sich behutsam ein, um zur Hymne anzuwachsen. „Dein Hurra“ stellt klar, dass der entstehende Strudel einer Zweisamkeit nicht gleich zum Verlust der eigenen Identität führt. Bosse besingt die aus gewachsener Verantwortung gegenüber sich aufkeimende Unruhe in „Nachttischlampe“, beschreibt die Aussichtslosigkeit, sich selbst zu entkommen in „Wir Nehmen Uns Mit“, die verpassten Möglichkeiten in „Blicke“. Plädiert für den Aufbruch in das Unbekannte in „Mordor“, auch wenn das stille „Ahoi Ade“ am Ende zum sehr traurigen Abschied von Lebenspassagen und Freunden gerät.
Bosse hat nicht nur seinen Fans sein bisher bestes Album geliefert, sondern er wird auch zukünftig mit ihnen, wie zusammen mit Kumpel Casper in „Krumme Symphonie“, einen „Boogie-Woogie auf den schiefen Shit“ tanzen.