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Sunflower Bean – Human Ceremony – Die Kunst des Posens

Sunflower Bean haben schon zu Beginn ihrer Karriere klar gemacht, dass sie nicht nur spielen wollen. In diesem Sinne überrascht der Start des Debüts: Die Band spielt romantisch anmutenden, leicht verwaschenen Nostalgiker-Pop ohne blaue Flecken. Ein wenig scheppern darf es trotzdem, auch wenn der britisch angehauchte Shoegaze-Rock der Truppe aus New York City mit der Rocktradition der Metropole kaum etwas zu tun hat.

Dabei beherrscht die Band nun beide Muster: Das souverän und rockig Breitbeinige, aber ebenso die schüchtern nach unten auf die Effektgeräte schielende Introvertiertheit. Diese Zweigleisigkeit macht sich vor allem am Gesangstil von Bassistin Julia Cumming bemerkbar, die sowohl das filigrane Falsett als auch die raueren Refrain-Passagen beherrscht.

Es ist schon bemerkenswert, wie rasant sich die jeweiligen Formen von Gestus und Attitüde auf “Human Ceremony” abwechseln. Von an die Dum Dum Girls und Veronica Falls erinnernden Jangle-Pop mit subtilem Sechziger Jahre-Vibe und hohem Niedlichkeitsfaktor rudern Sunflower Bean blitzschnell über zu ruppigeren und punkig bassbetonteren Songs wie “This Kind Feeling” oder “Wall Wacher”.

Das Posen ist Julia Cumming im Übrigen ganz und gar nicht fremd, denn nebenbei ist sie als Modell für einige Modeketten aktiv. Ihr Talent zum Rollenspiel hat sie nun von den Foto- in die Studio-Sessions verlagert und so könnte die Zeile “I viewed myself in many different ways” aus “I Was Home” sinnbildlich für die Arbeitserfahrung und Herangehensweise von Cumming stehen, die bei den Vocals auch von ihrem Gitarristen Nick Kivlen unterstützt wird.

Paargesang ist momentan ohnehin en vogue. Und als wäre das noch nicht genug, schneiden die Songs im Vergleich zu der EP “Show Me Your Seven Secrets” deutlich poppiger ab – auch wenn die ausufernden Psychedelic-Tendenzen sich noch nicht ganz in Luft aufgelöst haben, wie die Band in “This Kinda Feeling” eindrucksvoll kundtut.

Die Arrangements sind unerwartet melodisch geworden; Songs wie “Oh, I Just Don´t Know” mit nur einer Gitarre und Perkussion waren als Output dieser Band vor kurzem noch absolut undenkbar. Und selbst Piano-Tupfer, die man für jene Sorte Psych-Dark-Rock nie in Betracht gezogen hätte, haben sich vereinzelt in die Aufnahmen geschmuggelt, die sich hin und wieder in charmantem Lo-Fi Appeal präsentieren.

Ein betörend facettenreiches Album, das mehr als nur einmal zu überraschen weiß. Mit diesen Songs dürften Sunflower Bean den Weg aus der Dunkelheit gefunden haben, wenngleich man die Befürchtung nicht los wird, dass der Weg in Richtung Indie-Pop die innovativsten Momente der Band ein wenig weichspülen könnte.

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