Underworld – Barbara Barbara, We Face A Shining Future

Es soll Leute geben die Underworld wegen „Born Slippy“ für ein One-Hit-Wonder halten. Dabei mischten Karl Hyde und Rick Smith schon weit vor ihrem Beitrag zum „Trainspotting“ Soundtrack im Musik-Business mit.

Inspiriert von der Modifikation des Ur-Techno durch das WARP-Label und dessen Weiterentwickelung durch die Hit-Maschine The KLF zur Mega-Rave Ausgabe, stellten Underworld Anfang der Neunziger ihre Weichen endgültig auf die Elektroschiene und entwarfen wummernde Kracher zwischen Disco und Stadion.

Ihr Album „Dubnobasswithmyheadmen“ und seine beiden Nachfolger „Second Toughest In The Infants“ und „Beaucoup Fish“ erreichten Goldstatus in England. Bis 2010 folgten weitere Platten die aber nicht an die Erfolge der Vorgänger anknüpfen konnten.

Seitdem machten sich Veröffentlichungen rar, trotzdem waren Underworld nie weg vom Fenster, mit Festival-Auftritten und DJ-Sets blieben sie stets präsent. Nach sechs Jahren Albumpause folgt jetzt „Barbara, Barbara, We Face A Shining Future“. Die strahlende Zukunft beinhaltet nicht nur für Barbara alle Zutaten, aus denen Underworld auch in der Vergangenheit ihre Stücke zimmerten: hämmernde Drums, dicke Bässe, breite Synthies, ein wenig Big-Beat und einer Prise New-Wave.

Nur sieben Tracks befinden sich auf der Platte, nicht unbedingt viel, dafür meist mit beachtlicher Laufleistung ausgestattet. Gleich zu Beginn bringen die beiden mit „I Exhale“ einen acht Minuten Elektro-Shoegazer an den Start, der im Prinzip schon den Albumzweck erfüllt: den fetten Knaller zu platzieren, der auch diese Platte wieder relevant macht. Melodien und Hooks flitzen über den stampfenden Beat, darauf nörgelt Hyde seine Alltagsbeobachtungen im Stil eines Mark E. Smith bis er wirklich alles ausgeatmet hat, was ihn nervt.

“If Rah“ färbt die Platte dann etwas dunkler, nimmt auszugsweise die Energie von „Moaner“ an, zu dessen Beat schon Batman durch Gotham City flatterte. Mit „Low Burn“ schlägt`s ins Poppige um und klingt ein wenig wie Pet Shop Boys in Moll.

Dann bremst die Platte auf offener Strecke. „Santiago Cuatro“ setzt einen außergewöhnlichen Kontrapunkt und entführt in die Welt der klassischen, südamerikanischen Akustik-Gitarre Marke Jose Feliciano. Wer glaubt, dass im Verlauf das virtuose Spiel mit Musik aus der Steckdose verschmelzen wird, irrt. Vier Minuten lang steht nur das Instrument im Mittelpunkt, nur ganz dezent werden einige technischen Effekte hinzugefügt.

Mit dem „Motorhome“ geht die Reise mit gedrosselter Geschwindigkeit als verkappte Ballade durch die Sound-Landschaft weiter, dann nimmt „Barbara Barbara, We Face A Shining Future“ noch einmal Fahrt auf. Das was in„Low Burn“ noch ein wenig verhalten durchschimmerte, bekommt in „Ova Nova“ freie Bahn. Dessen Schönheit basiert auf dem Einfachen der Melodie und bereitet den großen Abgang via „Nylon Strung“ vor, der dann noch einmal den Geist der Neunziger Revue passieren lässt.

Keine Frage, Underworld wissen nach wie vor wie es geht und haben trotz des intensiven Ausatmens zu Beginn Luft bis zum Ende der Platte.

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