Chvrches, die schottischen Elektro-Popper mit dem Schreibfehler im Namen und die Nachfolgeband von Iain Cook (Aereogramme) beherrschen die Szene gewaltig seit ihrem Debüt „The Bones Of What You Believe“ im Jahr 2013. Letztes Jahr im September erschien der Nachfolger „Every Open Eye„, mit dem sie ihren Sound weiter veredelten ohne abseits des erfolgreichen eingeschlagenen Pfades zu treten. Seitdem sind sie auf weltweiter Tour und machten gestern Station in der Münchner TonHalle.

Es geht los mit dem Albumopener „Never Ending Circles“ und die Halle füllt sich mit dem Elektro-Bombast-Sound, der ein etwas anderes Volumen hat als noch beim Club-Konzert vor zwei Jahren. Auch die Lightshow ist deutlich aufwändiger, eine große Leinwand hinter der Bühne dient als zusätzliche Lichteffektquelle und zeigt sogar manchmal ein (Sternchen)Feuerwerk.

Mit dem vierten Titel „Make Them Gold“ von der aktuellen Scheibe spielen Chvrches dann ihre Karten voll aus und bringen schon jetzt die ausverkaufte TonHalle zum Schwitzen. Der Song verkörpert perfekt die Chvrcheske Symbiose zwischen nostalgischen 80er Synthies, zeitgenössischem Groove und Lauren Mayberrys unverwechselbarer Stimme. Eine Kombination, wie sie vor fünf Jahren nur mal kurz La Roux so eindrucksvoll zeigen konnte.

Lauren Mayberry begrüßt das Publikum als wären sie ein unbekannter Newcomer („We are a band called Chvrches“) und bedankt sich für’s Kommen, diesmal jedoch nicht auf Deutsch. Überhaupt ist die Atmosphäre nicht so familiär wie noch vor 2 Jahren, die wenigen Ansagen von Lauren beschränken sich auf Standardfloskeln („This song is from our last record….“). Nur vor „Gun“ spricht sie übers Wetter und erklärt, dass es schön ist, mal bei so schönem Wetter nach Deutschland zu kommen, wo sie doch meistens ihre Touren im Herbst und Winter haben.

Gegen Ende des folgenden „Empty Threat“ nimmt sich Lauren die Drumsticks und schlägt auf die Percussions, was ihr großen Beifall einbringt und sie es beim anschließenden „Tether“ wiederholt.

An Lauren Mayberrys Tanzkünsten hat sich nichts geändert, aber sie kaschiert das geschickt durch Rockposen wie energisches Hochreißen eines Armes oder Vornüberbeugen und Schütteln des Oberkörpers. Während „Bury It“ dreht sie mit weit ausgebreiteten Armen wilde Pirouetten, was nicht nur deswegen den Titel zum Highlight des Abends geraten lässt.

Beim folgenden „High Enough To Carry You Over“ nimmt sie dann Martin Dohertys Platz am Keyboard ein, da dieser für diesen Titel bekanntlich den Gesang übernimmt. Sofort sinkt das Stimmungsbarometer (wie, wenn ein DJ mitten im Tanzrausch plötzlich ein langsames Lied spielt), beim anschließenden „Under The Tide“ bemüht sich Doherty jedoch um etwas mehr gesangliches Engagement (und körperliches, wobei sein Bewegungstalent auf dem Niveau von Lauren liegt) und direkteren Kontakt zum Publikum und erhält am Ende entsprechenden Applaus.

Warum auch auf dem zweiten Album Martin unbedingt singen muss, bleibt das Geheimnis der Band. Wir hatten ja schon vor zwei Jahren darauf hingewiesen, dass dies absolut unnötig ist. Das große Asset von Chvrches ist nun mal Lauren Mayberrys Gesang und Auftreten, das muss man nicht aus falsch verstandener männlicher Emanzipation mit einem anderem Bandmitglied alternieren, der diesbezüglich höchstens mittelmäßig ist.

Das Ende des Hauptteils markiert dann die Hitsingle „Leave A Trace“, bei dem Lauren nochmal mit einem Fuß auf der Monitorbox und beiden Händen über dem Kopf das Publikum anfeuert.

Die kurze Zugabe beginnt wenig später mit dem langsamen Schmusesong „Afterglow“, gefolgt von „The Mother We Share“, das mit einem schönen Akkustik-Intro beginnt. Danach endet eine große Dance-Party und ein absoluter Höhepunkt des noch relativ jungen Konzertjahres.

2 Antworten

  1. Hallo Stephan,
    Deine Zusammenfassung kann ich so wie sie ist unterschreiben bis auf eine Kleinigkeit. Natürlich sind Martins gesangliche Qualitäten begrenzt. Aber so schlecht ist vor allem „Under the tide“ nicht. Hat ein bisschen was von Tears for Fears aus den 80ern. Und ich denke Hauptzweck der Einlage ist es Lauren bei Live Auftritten zwischendrin mal etwas Luft zu verschaffen. Der Act hat auf jeden Fall meine Erwartungen übertroffen.

    1. Hi Wolfgang, schlecht nicht, aber eben auch nicht gut und daher unnötig. Und come on, nur damit sich Lauren live ein paar Minuten ausruhen kann, haben sie es bestimmt nicht gemacht ;)

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