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M83 – Junk

Vorsicht! Der Begriff „Achtziger Jahre“ wird in dieser Review gleich mehrfach fallen. Menschen mit erwiesener Achtziger Jahre Pop-Allergie werden gebeten, es sich hier im MusikBlog doch lieber bei einem anderen Text bequem zu machen.

Ok, Versatzstücke und Einflüsse aus dem Bereich Achtziger Pop waren bei M83 eigentlich wie bei einigen anderen französischen Musikern schon immer ein markanter Wesenszug. Auf „Junk“ lebt M83-Kopf und Alleininhaber Anthony Gonzalez das jetzt ohne weitere Rücksichten auf irgendwelche aktuelle Trends über volle Albumlänge absolut konsequent aus.

Dabei inspirierte ihn nicht nur der Pop dieser Dekade, sondern verstärkt auch TV-Titelmusiken und B-Movie Soundtracks. Und das alles inklusive authentischer Synthie-Sounds, Discoeinschlag, ausgedehnter Gitarren- und Keyboardsoli und Vocoder.

Immerhin fünf Jahre hatte es seit dem letzten Album „Hurry Up, We’re Dreaming“ gedauert. Allerdings war der in L.A. lebende Franzose in dieser Zeit auch nicht untätig, sondern hatte sich im Bereich Filmmusik einen guten Namen gemacht. Dickster Fisch an seiner Angel war dabei wohl der Soundtrack zu dem Tom Cruise Sci-Fi Blockbuster „Oblivion“.

Dabei dürfte die Messlatte für ein neues M83 Album  zumindest im kommerziellen Bereich für ihn diesmal höher gelegen haben als zuvor. Denn „Hurry Up, We’re Dreaming“ hatte Gonzalez nach über zehn Jahren auch zum ersten Mal sichtbaren Chart-Erfolg eingebracht. Seine Filmmusikaktivitäten und die Verwendung des ein oder anderen seiner Songs in gut dotierten Werbespots dürften ihm aber eine relativ komfortable Ausgangsbasis verschafft haben, sich entspannt „Junk“ widmen zu können.

Die Leidenschaft, mit der sich Anthony Gonzalez in die Achtziger fallen lässt, hat fast schon etwas von einer Weltflucht. Aber Dreampop und Shoegazer waren ja schon immer Begriffe, auf die man im Zusammenhang mit M83 schnell gestoßen ist. Auf „Junk“ transformiert er diese Einflüsse nicht mehr, sondern bildet den Sound der Achtziger nach eigenen Vorstellungen nach. Quasi ein Best of 80ties Elements inklusive auch all der Sachen, die vor Jahren noch als verpönt galten und zu diversen Ohrhaarsträubungen geführt hätten. Also DX-7 Sounds, Gated Snare, cheesy Saxophonklänge etc.

Während das besonders in der ersten Hälfte besonders bei Up-Tempo Discotracks wie „Do It, Try It“ und „Go!“ noch ganz gut klappt, schreckt M83 im weiteren Verlauf des Albums aber auch vor typischem Achtziger Jahre Schmonz nicht zurück. Stücke wie „For The Kids“, das französisch gesungene „Atlantique Sud“ oder das mit einem dieser Mitte der Achtziger so beliebten Mundharmonika-Soli verziertem „Sunday Night 1987“ geraten dabei schon mal zur härteren auditiven Prüfung. Schnulzbombast mit drastisch erhöhten Saccharin-Werten. Aber wer’s mag, soll sein Glück hier finden.

Was „Junk“ vor dem Absinken in absolute Retroseligkeit bewahrt, ist natürlich Anthony Gonzalez’ Musikalität. Sein Sinn für Melodien, eigenwillige Songstrukturen und Klangästhetik, bewirken, dass man „Junk“ trotz aller Vergangenheitsbewältigung immer noch in der Gegenwart verankern kann. Das zeigt sich auch besonders in den vier kurzen Instrumentalstücken. Auf  „Moon Crystal“ und „The Wizard“ lässt er so zum Beispiel nette kleine Klangwelten entstehen.

Mit fünfzehn Stücken über 55 Minuten ist „Junk“ schon ein bisschen erschöpfend. Und wie gesagt, wer angesichts der Klangästhetik des Achtziger Pops einen deutlichen Fluchtimpuls verspürt, sollte definitiv besser die Ohren von dem Album lassen. Freunde von Dingen wie hochtoupierten Haaren, Neonröhren oder dem  T-Shirt unter dem Sakko, werden hier allerdings dank Anthony Gonzalez’ einfallsreicher Musikalität ein komplettes Wohlfühlpaket bekommen.

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