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The Divine Comedy – Foreverland

Eine Britpop-Band im klassischen Sinn sind The Divine Comedy sicher nicht, auch wenn der Boom der mit diesem Label gekennzeichneten Musik ihnen eingangs der Neunziger alles andere als schadete.

Der sich zu jener Zeit London sesshaft machende Nordire Neil Hannon machte die mit ihm reisende, sich nicht zu seiner Zufriedenheit entwickelnde, Band durch Austausch des Personals und Übernahme der Mastermind-Funktion zur Alternative zum von Oasis & Co ausgelösten Hype.

Man unterschied sich sowohl optisch als auch musikalisch von den pub- und fußballaffinen Musikerkollegen der Insel. In opulenter Instrumentierung ausgestattet, präsentierten sie eine literaturbasierte, kauzig und tanzbare Melange aus Pop und Musical.

Die bescherte ihnen Auftritte als Support für R.E.M. und Robbie Williams, semikommerziellen Erfolg und etablierte die Göttliche Komödie in erster Linie als hochwertige Konstante in der Musiklandschaft des Königreichs.

Auch 2016 pfeift Hannon wie auf dem vor sechs Jahren erschienenen „Bang Goes The Knighthood“ auf Trends. „Foreverland“ ist ein Album, welches mit seinen subtilen Geschichten zu gefallen weiß und in Sachen Arrangement und Melodieführung andere Urheber als The Divine Comedy ausschließt.

Der exzessive Einsatz von Streichern (auf dem 97er „A Short Album of Love“ mussten es 30 Stück sein) wurde zwar zurückgefahren, dennoch ist diese Instrumentengruppe jener Teil, der die theatralische Stimmung der Stücke vollends zur Entfaltung kommen lässt. Dazu gibt es Harfe, Bläser und Cembalo, die in Verbindung mit flotten Akkorden der Rhythmusgruppe einen Sog opulenter Schwelgereien produzieren.

Über dem siniert Hannon gewohnt humorig über die Irrungen und Wirrungen der Zweisamkeit, die vom Beitritt zur Fremdenlegion über den maßlosen Verzehr von Süßwaren bis zur Vernachlässigung der Körperhygiene ziemlich alles auslösen kann.

Im Opener „Napoleon Complex“ umfasst Neil Hannon mit großer Geste die Banalitäten des Alltags, formuliert leichtfüßig, wenn er über „Catherine The Great“ (und meint damit nicht die russische Kaiserin, sondern seine Freundin Cathy Davey, ebenfalls Musikerin) singt oder klingt beschwingt wie ein Flug an Mary Poppins Regenschirm in „Funny Peculiar“.

Da  schunkelt sich „The Pact“ durch die Noten und hört sich „The One Who Loves You“ an wie die auf einem Pferdefuhrwerk gezupfte Version von Blurs „The Universal“. Wo der Esel zum Einstieg von „How Can You Leave Me On My Own“ blökt übt „A Desparate Man“ den Schulterschluss zwischen südamerikanischen und orientalen Themen.

Aber auch, wenn „nur“ wunderbare Popsongs wie „To The Rescue“ oder „My Happy Place“ gespielt werden, bleibt „Foreverland“ auf hohem Niveau. Das, was hier mit Big-Band Ausstattung, ein wenig Abenteuerfilm-Atmosphäre und etwas Bohemian Rhapsody zusammengesetzt wurde, glitzert vielleicht nicht mehr ganz so wie die Exemplare aus den frühen Tagen. Es bleibt aber ein Qualitätsprodukt aus dem Hause Hannon, welches seinen Fans ein Lächeln ins Gesicht zaubern wird.

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