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Health&Beauty – No Scare

Brian Sulpizio ist allem Anschein nach ein etwas seltsamer Zeitgenosse: Einer, der den Twitteraccount seines Musikprojekts Health&Beauty (ein Name, der neben The Franklin Electric ganz oben auf der Liste der am schwersten zu googelnden Bandnamen sein dürfte) nutzt, um über seinen Schweißgeruch und die Anzahl seiner nächtlichen Toilettengänge zu philosophieren oder um seine Follower zu fragen, welche Hose er sich kaufen soll.

Einer, der Interviewfragen nach seiner Lieblingsbeschäftigung als Kind mit „Popel essen“ beantwortet. Einer, den Ty Segall als Support bucht, wenn er als „Richard Nixon And The Fucking“ ein Geheimkonzert in Sulpizios Heimatstadt Chicago spielt (so geschehen im April dieses Jahres).

Dazu passt, dass Sulpizio als Health&Beauty mit wechselnden Mitstreitern bereits seit 2003 Musik macht, von der man hierzulande aber eher wenig mitbekam, da sie in Kleinstauflagen und teils auf Kassette erschien. Mit dem Wechsel zum Label Wichita hat das sechste Album „No Scare“ nun die Chance auf größeres Publikum – und das, so kann man hier vorwegnehmen, hat Sulpizios Musik auch verdient.

Der erste Eindruck: Die Songs entsprechen der Schrulligkeit ihres Schöpfers. Der Opener „Back To The Place“ watet mit schrammeligen Gitarren und nöligem Gesang zunächst knietief in sympathisch-hemdsärmeliger DIY-Ästhetik, bevor Schlagzeug und Bass einsetzen und den Song in die Richtung von noisigem Indierock der Sonic-Youth-Schule befördern. Nervöse Mathrock-Passagen und jazzinfiziertes Drumming, die im Titeltrack besonders gut zur Geltung kommen, machen das Ganze rund.

Dabei sorgt Sulpizios zugänglicher Gesang, der auf „No Scare“ immer wieder durch eine weibliche Backgroundstimme ergänzt wird, zuverlässig dafür, dass ein Song wie „Wartime“ sich nicht in seiner eigenen Hektik verheddert: Wunderbar weitschweifige Melodien halten das Stück zusammen; was als Garagenrock beginnt, kann sich so über vier Minuten schlüssig in groß angelegte Klangflächen hineinsteigern.

„Beyond Beyoncé“ dagegen beginnt als Indie-Doom, um ziemlich schnell zu schwelgerischem Bluesrock zu finden. Den kosten Health&Beauty in „Im Yr Baby (For Aaron Swartz)“ auf acht Minuten Länge dann voll aus – inklusive Slide- und Akustikgitarre und einer guten Portion von Leonard Cohen‘scher Elegik. In seiner Monumentalität wirkt der Song zwischen Sulpizios präferierten Fuzz-Indierockern beinahe fehl am Platz; ein Highlight der Platte ist er trotzdem.

„Riverside Cemetary“ entlässt das Publikum am Ende der Tracklist dann aber doch lieber mit repräsentativeren Klängen: Frickelige Riffs und Beats, ein bisschen Synthie-Lärm und hemmungslos gefällige Melodielinien bringen in drei Minuten noch einmal mustergültig auf den Punkt, warum man Health&Beauty mal auf den eigenen musikalischen Radar setzen sollte.

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