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Angelika Express – Alkohol

„Es gibt kein Bier auf Hawaii“, „Der Teufel hat den Schnaps gemacht“, „Sieben Fässer Wein“: von Paul Kuhn über Udo Jürgens hin zu Roland Kaiser – die komplette Auflistung der Songs Pro und Kontra Alkohol würden Regale füllen.

Angelika Express, Kölner Urgesteine des Pop-Punk und gefühlt genau so lange Institution in der Domstadt wie die Bläck Fööss, veröffentlichen ein ganzes Album zum Thema, auf das sie sich im Laufe der Karriere bereits sporadisch bezogen. War doch „Du Trinkst Zuviel“ ein Gassenhauer vergangener Tage. Alkohol eine Scheibe im Konzept-Format zu widmen, ist ein dennoch gewagter Schritt.

So wie die stets adrett gekleidete Band um Sänger Robert Drakogiannakis vom Start weg mit Knallern wie „Geh Doch Nach Berlin“ und überragenden Live-Qualitäten gern gesehene Gäste in den Spielstätten der Landes waren, so gern und ausführlich feierten sie Backstage ihre Erfolge.

Es wurde also inner- und außerhalb der 15jährigen Band-Historie (die vorübergehende Trennung ignoriert) genügend Erfahrung mit der Wirkung des Stoffs gesammelt, um locker die Stücke des Albums mit Lebens- und Trinkerfahrung zu füllen.

Trotzdem kam der Quell der Inspiration nicht ausschließlich aus dem Zapfhahn. Es handelt sich weder um eine Sauf- und Trinklieder Sammlung, noch um die Glorifizierung der Dröhnung, es geht um den Alkohol als Medium, um den Blick für die Tiefe des Raumes zu schärfen – „Die leeren Gläser der Theke sind beste Lupen aufs Leben“ besang es einst Casper.

In gewohnt schmissiger Fusion aus Pop und Postpunk, die ein wenig an Die Ärzte oder Elektroboys denken lässt, explodiert 15 mal eine „Weiche Bombe“. Die Barkeeper an Mikro und Instrumenten lassen dabei keine Zweifel, dass ein Schwips durchaus ein nicht unangenehmes Erlebnis sein kann, verlieren aber auch die unangenehmen Folgen durchzechter Nächte nicht aus den Augen.

„Flachmann Im Büro“, „Kohle Für Cocktails“ oder „Das Biest ist frei“ – die Lyrics sind die knackige Abrechnungen mit der politisch korrekten, selbstgefälligen Langeweile, mit denen sich die Republik, unterlegt vom Befindlichkeits-Pop der Zeitgeist-Sensibelchen, die Realität bis zur „Verlust der Kontrollinstanz bis jeder auf Phil Collins tanzt“ zurecht säuft.

Da kann das Fass schon mal überlaufen: „Du hast doch kein Ziel/ Du hast doch kein Profil“ sang Drakogiannakis 2003, „Die Reste hinter deiner Stirn möchte ich total verwirr`n“ oder „Du wolltest nie ein Spießer sein/stattdessen bist du jetzt ein mieses Schwein“  heute –  viel geändert hat sich im Verhalten seiner Feindbilder nicht, Tendenz gleichbleibend.

Am Ende steht ein subtiler Blick auf Ursachen und Wirkung des Rauschs, kritisch, warnend und bejahend. Also auf „Zur Theke am Ende des Regenbogens“, wo „Elf Kölsch In 11 Sekunden“ warten.

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