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Soft Error – Mechanism – Hintergrundmusik with a view

Songtitel sind immer so eine Sache. Manche Titel liegen auf der Hand, zum Beispiel wenn Miley Cyrus „I came in like a wrecking ball“ singt und ihr Song dann „Wrecking Ball“ heißt. Geschenkt! Manche sind weniger offensichtlich, zum Beispiel wenn Andalucía einen ihrer Songs „Ode de Coy“ nennen. Was es mit der Schüchternheit auf sich hat, checkt man erst, wenn man die Lyrics wahrnimmt.

Was aber, wenn es gar keine Lyrics gibt? Solche Rätsel stellt das britische Instrumental-Duo Soft Error. Der erste Track auf ihrem Debütalbum „Mechanism“ heißt etwa „Silberblick“. „Silberblick“, das ist ein leichtes Schielen. „Silberblick“, das ist aber auch der Titel des Debütalbums von Joachim Witt, das mit „Goldener Reiter“. 1980 war das.

Soft Errors „Silberblick“ 37 Jahre später nimmt, im Gegensatz zum Neue-Deutsche-Welle-Album, nur langsam an Fahrt auf und hat bis auf die Synthesizer wenig gemeinsam mit der Top-Ten-LP von einst. Mitsingen ist ja eh nicht drin – keine Lyrics –, und auch zum Tanzen lädt der Track nicht recht ein.

Von der Band selbst werden dann auch nicht die von mir über den Songtitel assoziierten NDW-Bezüge hergestellt. Vielmehr wird eine andere somewhat deutsche Musiktradition aufgerufen: der Krautrock. Und ja, Soft Error sind mit „Mechanism“ sicher näher dran an Tangerine Dream als an Joachim Witt und Co., wenn sie auch computiger klingen. Kein Wunder, sind doch Synthesizer, Drum Machine und Keyboard die Instrumente of choice für Soft Error.

Soft Error haben schon für Film, Fernsehen und Theater komponiert. Das zu wissen, erleichtert das Hören durchaus. Die Musik will Geschichten erzählen, wenn auch ohne Lyrics; Bilder erzeugen nur durch Sounds und Loops. Kein Wunder, dass im Promoschreiben von Essays statt von Songs die Rede ist.

Das eine oder andere Geräusch erinnert an den verhassten Wecker am Morgen oder an den geliebten Gameboy – es ist ein Auf und Ab. „Silberblick“ mit seinen ruhigen Piano-Akkorden als Basis und dem sich langsam darüber webenden Synthie-Teppich könnte dann eine Autofahrt in einem Indie-Film-Setting untermalen.

Statt zum Träumen eignet sich „Mechanism“ mit seinen sonisch-repetitiven Strukturen übrigens auch hervorragend als Hintergrundmusik zum Arbeiten. Hintergrundmusik with a view, quasi.

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