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Bescheidenheit bringt dich nicht weiter – Circa Waves im Interview

Mit ihrem im April 2015 veröffentlichten Debütalbum “Young Chasers” katapultierten sich die vier Jungs von Circa Waves praktisch über Nacht ins britische Indierock-Rampenlicht. Plötzlich waren alle ganz wild auf die Herren Kieran Shudall (Gesang, Gitarre), Joe Falconer (Gitarre), Sam Rourke (Bass) und Sian Plummer (Schlagzeug). Sogar bereits etablierte Szene-Größen wie The Libertines klopften an die Proberaumtür der Liverpooler Newcomer. In Windeseile ging es für die Band in Richtung Rock-Olymp. Zwei Jahre später legen Circa Waves nun mit ihrem zweiten Studiowerk “Different Creatures” nach. Wir trafen uns in Berlin mit Sänger Kieran Shudall und plauderten über habgierige und ängstliche Engländer, durchdrehende Fan-Massen und große Träume.

MusikBlog: Kieran, demnächst erscheint euer zweites Album “Different Creatures”. Über welche Kreaturen sprechen wir?

Kieran Shudall: Da ist natürlich in erster Linie von uns die Rede. Wir haben uns in den vergangenen drei Jahren ziemlich verändert. Ich meine, unser ganzes Leben wurde auf den Kopf gestellt. Das hinterlässt natürlich Spuren. Auf der anderen Seite wollen wir mit dem Titel aber auch auf die furchtbare Flüchtlingssituation aufmerksam machen. Gerade hier in England werden diese Menschen, die all ihr Hab und Gut verloren haben, mit Füßen getreten. Dabei würde sich jeder Engländer genauso verhalten, wenn man über London Bomben abwerfen würde. Man würde genauso Reißaus nehmen. Das ist doch völlig verständlich.

MusikBlog: Woher kommt diese Abneigung?

Kieran Shudall: Ich weiß es nicht. Ich denke, dass die Leute einfach Angst davor haben, man könnte ihnen etwas wegnehmen. Das ist so absurd. Wir leben doch alle im Überfluss.

MusikBlog: Euch dürfte es mittlerweile auch ziemlich gut gehen, oder?

Kieran Shudall: Naja, vom Rockstar-Dasein sind wir noch weit entfernt. Aber es geht schon gut, das stimmt. Wir wollen uns nicht beschweren.

MusikBlog: Gab es einen bestimmten Moment, in dem dir bewusst wurde, dass ihr es mit der Band ganz nach oben schaffen könntet?

Kieran Shudall: Puh, es gab viele solcher Momente. Aber wenn ich mir einen aussuchen müsste, dann würde ich wohl… Ah, ich habe vergessen, wo das war. Aber, egal. Jedenfalls hatten wir letztes Jahr fast drei Monate nicht mehr live gespielt. Und dann waren wir auf diesem Festival. Und da standen plötzlich 30.000 Kids vor uns, die alle unsere Songs auswendig kannten. Das war so ein magischer Augenblick. Da dachte ich mir: Wow! Das könnte wirklich noch richtig, richtig steil gehen.

MusikBlog: Ein Jahr zuvor grüßte euer Debütalbum aber bereits aus den Top 10 der UK-Charts. War die Entwicklung der Band nicht da schon abzusehen?

Kieran Shudall: Natürlich haben wir uns darüber tierisch gefreut. Aber ein erfolgreiches Album bedeutet noch gar nichts. Wenn man sich die letzten zehn Jahre anschaut und dann guckt, wie viele Newcomerbands, die erfolgreich starteten, heute noch im Gespräch sind, dann kommt man schnell wieder auf den Boden zurück. Die sind nämlich an einer Hand abzuzählen. Viel wichtiger als eine erfolgreiche Platte sind Konzerte. Dort geht es ums Ganze. Auf der Bühne trennt sich die Spreu vom Weizen. Wer live nicht besteht, den bringt auch kein tolles Album weiter. Glücklicherweise sind wir eine fantastische Liveband. (lacht)

MusikBlog: Das sehen Bands wie The Libertines, Coldplay und Royal Blood scheinbar genauso. Mit diesen Combos habt ihr bereits die Bühnen geteilt. Die größten Highlights bis dato?

Kieran Shudall. Mit einem wie Pete Doherty zusammen im Backstagebereich abzuhängen, hat schon was, ganz klar. Auch die Jungs von Royal Blood und Coldplay waren super cool. Schlussendlich sind es aber immer die eigenen Momente auf der Bühne, die einen vom Sessel reißen. Wenn man irgendwo in Japan oder sonst wo in der Ferne in tausende fremde Gesichter blickt, die alle nur gekommen sind, um dich zu sehen, dann ist das mit Worten nicht zu beschreiben. Dieses Gefühl ist einfach unglaublich.

MusikBlog: Wo soll die Reise denn noch hingehen?

Kieran Shudall: Das wird sich zeigen. Natürlich steht jetzt erst einmal das neue Album im Fokus. Wir haben uns musikalisch weiterentwickelt. Sicher, die Basics sind noch vorhanden. Es gibt auf dem neuen Album aber auch viel Neues zu entdecken. Da sind wir natürlich auf die Reaktionen gespannt. Danach steht dann die Tour an. Und auch da wollen wir wieder Ausrufezeichen setzen.

MusikBlog: Im Pressetext zum neuen Album steht: “Bei der ersten Platte dachten wir: Ach, mal schauen, was passieren wird. Jetzt möchten wir, dass wir die Größten sind. Die Besten. Wir wollen, dass wir Festivals headlinen.” Bescheidenheit klingt anders.

Kieran Shudall: Bescheidenheit bringt dich aber auch nicht weiter. Wir wissen, wo wir herkommen. Versteh mich nicht falsch. Wir wollen keineswegs rüberkommen wie ein arrogantes Newcomer-Pack, das von Weltruhm träumt, aber noch grün hinter den Ohren ist. Wir wissen um unsere Stärken. Und wir verfolgen große Ziele. Das ist alles. Und wenn wir ehrlich sind: Jede Band auf diesem Planeten will doch ganz nach oben, oder?

MusikBlog: Da ist was dran.

Kieran Shudall: Ich denke auch. (lacht)

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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