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Vorhandenes verpacken für den nächsten Schritt – Goldfrapp im Interview

Seit fast zwanzig Jahren thronen Alison Goldfrapp und Will Gregory alias Goldfrapp nun schon an der europäischen Elektro-Pop-Spitze. Nach zuletzt fünf veröffentlichten Studioalben, die in der britischen Heimat des Duos allesamt in den Top Ten der Charts landeten, wollen Goldfrapp auch mit ihrem neuen Output “Silver Eye” beweisen, dass sie das funkelnde Synth-Zepter immer noch zu Recht spazieren tragen. Im Zuge der Promo für das neue Album trafen wir uns in Berlin mit Regler-Guru Will Gregory und plauderten über musikalische Vergleiche, Inspiration von außen und das Geheimnis einer perfekten Arbeitsbeziehung.

MusikBlog: Will, die Leute vergleichen ja immer gerne. Wenn ich mir das neue Album anhöre, fühle ich mich an euer Platin-Werk “Supernature” erinnert. Geht es dir ähnlich?

Will Gregory: Nun, ich denke, dass es sicherlich einige Parallelen gibt. “Silver Eye” ist ein sehr pulsierendes und atmosphärisches Album geworden. “Supernature” versprüht einen ähnlichen Vibe.

MusikBlog: Normalerweise blocken Künstler allzu offensichtliche Vergleiche immer ab. Jedes Album stehe schließlich für sich.

Will Gregory: Ich sehe das nicht so dramatisch. Wir erfinden das Rad ja nicht neu. Im Grunde ist alles ja irgendwie schon mal dagewesen. Es geht nur noch darum, das bereits Vorhandene irgendwie so zu verpacken, dass es einen nächsten Schritt ermöglicht. Wir haben nicht bewusst versucht, ein „zweites“ “Supernature” aufzunehmen. So gehen wir nie an unsere Aufnahmen ran. Wir schnüren uns vorher keine Konzepte. Man kann sich aber auch nicht gegen alles wehren. Wenn der Flow da ist, dann ist es halt so.

MusikBlog: Inhaltlich geht es um Magie, den Mond und spirituelle Rituale.

Will Gregory: Nicht alle Songs handeln von diesen drei Themen und ihrer Verbindung zueinander. Es gibt auch einige persönlichere Tracks auf dem Album. Uns war in erster Linie wichtig, dass wir ein komplettes Gesamtbild erschaffen. Alles sollte irgendwie stimmig sein. Das haben wir in der Vergangenheit etwas vermisst. Viele Bands und Künstler haben sich in den letzten Jahren fast ausschließlich nur auf Singles konzentriert. Dadurch ist die eigentliche Album-Magie in den Hintergrund geraten. Mit der Wiederauferstehung der Vinyl-Kultur hat sich das wieder ein bisschen verändert. Das finden wir toll. Wir sind in einer Zeit aufgewachsen, in der Alben noch wie richtige Bücher präsentiert wurden. Die ganze Aufmachung, der Inhalt, die Songs: Das war immer ein großes Ganzes.

MusikBlog: Ihr habt vor zwei Jahren erstmals Musik für ein Theater-Stück geschrieben (“Medea”). Inwieweit war diese Erfahrung eine Inspiration für das neue Studioalbum?

Will Gregory: Musikalisch sind das sicherlich zwei unterschiedliche Baustellen. Aber in puncto Zusammenarbeit hat es so einiges ins Rollen gebracht.

MusikBlog: Was genau?

Will Gregory: So eine Theater-Produktion ist schon ganz schönes Gewusel. Da sind unheimlich viele Leute involviert. Wir haben oft die Beobachter gemimt, und haben versucht, alles aufsaugen, was all diese Menschen mit eingebracht haben. Das war unheimlich spannend. Dieses Miteinander hat uns sehr beeindruckt und letztlich auch dazu geführt, dass wir für unser neues Album mit verschiedenen Leuten zusammengearbeitet haben.

MusikBlog: John Congleton, The Haxan Cloak und Leo Abrahams.

Will Gregory: Genau.

MusikBlog: Lief alles reibungslos?

Will Gregory: Ja, schon. Natürlich musste man sich zu Beginn erst einmal ein bisschen beschnuppern. Aber als dann alle im Boot waren, griff ein Rädchen ins andere. Für uns als Duo war es unheimlich belebend und inspirierend. Plötzlich waren da all diese Ideen, die nicht von uns stammten. Das war etwas ganz Besonderes.

MusikBlog: Du arbeitest jetzt seit fast zwanzig Jahren mit Alison zusammen. Sie soll ja nicht immer einfache Person sein. Wie würdest du eure Beziehung beschreiben?

Will Gregory: Professionell.

MusikBlog: Ist das der Schlüssel für eine ewig währende Erfolgsgeschichte?

Will Gregory: Ich denke schon. Das Wichtigste ist, dass man ehrlich und professionell miteinander umgeht. Wenn man Dinge nicht klar ausspricht, schießt man sich irgendwann selbst ins Bein. Wir sind nicht immer einer Meinung. Aber wir diskutieren die Dinge aus. Bei uns stapelt sich nichts im Keller. Ich glaube, dass das vielen Bands auf Dauer das Genick bricht. Man macht irgendwie Kompromisse, redet aber nicht darüber. Das ist Gift für jede Beziehung. Alison und ich, wir lassen uns beiden unseren Freiraum. Das kommt noch dazu. Wir hängen nicht wie Kletten aneinander. Wenn wir uns treffen, geht es meist um die Arbeit.

MusikBlog: Klingt nach einer Zweckbeziehung.

Will Gregory: Nein, so würde ich es nicht bezeichnen. Wir wissen einfach, zu was wir in der Lage sind, wann wir agieren, wie wir agieren. Das ist ein großer Unterschied. Der Begriff “Zweckbeziehung” hat so einen negativen Unterton. Bei uns scheint immer die Sonne, wenn wir uns treffen. Zumindest meistens. (lacht)

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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