„To play it safe is not to play at all“ unterstellt Lydia Ainsworth in „Afterglow“ – einigermaßen draufgängerisch. Das geruhsam minimalistische Elektro-Pop-Stück zählt zu den besten auf „Darling Of The Afterglow“.
Mit ihrem gewagten Spiel aus dunklem Pop, Elektro, Avantgarde und Rn’B gewinnt die Kanadierin hier genauso, wie mit dem Anfang des anschließend an School Of Seven Bells geschulten „Open Doors“.
An anderer Stelle wirkt sie dafür nicht nur verloren, sondern vor allem ratlos und anstrengend. Der Auftakt „The Road“ ihres zweiten Studioalbums versprüht diese Art futuristische Hochglanz-Melodramatik, die problemlos den Trailer zur kommenden „Game Of Thrones“ Staffel untermalen könnte. Das ist so sehr Contemporary-Art, dass es für die nächste Staffel schon wieder eng werden könnte.
Andere Songs wie „What It Is“ oder „Spinning“ haben im Ansatz schicke Sounds und beschlagene Rhythmen in petto. Die gestapelten Gesangsschichten von Ainsworth wirken allerdings häufig wahllos und uninspiriert. Das erinnert mal an FKA Twigs ohne deren Extravaganz, mal an Bat For Lashes ohne deren feinsinniges Art-Pop-Gespür.
In „Richcochet“ hat die höhenlastige Stimme dann so viel Piepsen übrig, dass Claire Boucher von Grimes nicht weit scheint. Nur, von den vielen tollen Pop-Melodien, die Grimes auf ihrer letzten Platte „Art Angels“ untergebracht hat, kennt Ainsworth keine einzige. Die vielen Verzierungen ihres Gesangs kaschieren diese Problematik nicht etwa, sie stellen sie so richtig zur Schau.
„Darling Of The Afterglow“ ist insgesamt zu kunstvoll und versiert geraten, um hier kein Ohr zu riskieren. Die Platte will aber auch nach dem x-ten Durchlauf nicht wirklich ihren Sinn offenbaren.
Stellvertretend dafür packt Ainsworth noch ein grundsolides aber völlig überflüssiges Cover von Chris Isaaks „Wicked Game“ dazu, das Lana Del Rey todsicher besser hinbekommen hätte.
Musik ist Geschmacksache, auch in der Gothic-Elektro-Pop-Welt. Der Kanon an Lobeshymnen für Ainsworth bleibt deshalb trotzdem einigermaßen rätselhaft.