Er war schnell der Buhmann. Dass Thurston Moore eine Neue (und Jüngere) hatte, die prominenteste und eine der langlebigsten Ehen im Alternative-Rock ein jähes Ende fand und damit Sonic Youth vor dem Aus stand, das alles wurde von Kim Gordon ans Licht der Öffentlichkeit gebracht, nicht von dem stillen Schlacks, der zusammen mit Kim Gordon und später Lee Ranaldo und Steve Shelly dreißig Jahre lang mit Sonic Youth dem Noise-Rock Intellektualismus einhauchte.

Inzwischen sind genügend Jahre ins Land gegangen. Kim Gordon hat sich erstaunlich weit, vielleicht zu weit, aus dem Fenster gelehnt mit Biographie und einigen Plaudereien aus dem Trennungsnähkästchen, während Thurston Moore fast keine Silbe öffentlich darüber verlor. Und beide haben seit der Trennung von Sonic Youth 2011 hinreichend Musik veröffentlicht für ein kleines Zwischenfazit der Post-Sonic-Youth-Zeit.

Spätestens jetzt, mit Thurston Moores fünften Soloalbum „Rock’n’Roll Consciousness“, steht für mich fest: Der relevantere Teil des musizierenden Ehe-Duos Moore/Gordon für die wichtigste Noise-Band der Rock-Geschichte war Thurston.

Was für ein Rock-Album „Rock’n’Roll Consciousness“ geworden ist! Bittersüß, schmerzlich schön, ist es das nächstmögliche Sonic-Youth-Album, das Anhänger so sehr ersehnen und wohl nie bekommen werden.

Kaskaden von Melodie-Läufen; fünf Songs, aber 43 Minuten Spielzeit; die große Repitition von Gitarren-Sounds, die Sonic Youth so unnachahmlich machten: Thurston Moores neues Album hat so viel vom alten Sound, fast wird es erklärbar, dass er das Alte hinter sich ließ: weil er es musikalisch gesprochen schlicht nicht mehr braucht.

Aber nur fast. Sonic-Youth-Drummer Steve Shelly poltert durchaus verjüngt neben den Gitarren-Sounds her. Der zweite Gitarrist James Sedwards hingegen mischt schöne Blues-Akkorde unter Moores stoischen Hypnose-Rock, wie man sie bei Sonic Youth nie zuhören bekommen hat.

Und My Bloody Valentine Bassistin Debbie Googe lässt den Bass wesentlich weniger herausstechen als es Kim Gordon tat, setzt ihn eher ein wie eine grundierende Farbrolle, statt wie einen akzentuierenden Pinsel.

Und an dieser Vergleicherei wird gewahr, dass es das Genuine an Sonic Youth tatsächlich nur mit beiden, nun getrennten, Musikerköpfen geben kann. Es fehlt die Kim Gordon eigene Manie hier, das Wagnis zum Experiment, die Erhebung des Rock-Sounds zu einer Kunst- und Performance-Art.

Thurston hat seinen Frieden damit gemacht. Elegische Lyrics, die die Liebe besingen, machen diesen Gitarren-Trip zu einem wunderschönen Melancholie-Album. Sein jetziger Sound mag sehr nah an die Sonic Youth Zeiten heranreichen und dabei sehr schön klingen, ein Zurückdrehen der Uhr indes, wird es nicht geben.

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