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Wir wollten ein sexy Album aufnehmen – Royal Blood im Interview

Das Debütalbum „Royal Blood“ der britischen Bluesrocker vor drei Jahren war so einfach wie genial. Einfach, weil Mike Kerr und Ben Thatcher als Duo eben nur Bass und Schlagzeug zur Verfügung hatten, aber genial, weil sie aus diesen wenigen Zutaten und einer simplen Erfolgsformel aus Blues, Garage- und Desert-Rock auf ihrem ersten Album zehn Hits erschufen. Vor allem auf ihren Konzerten entfachten Royal Blood eine unwiderstehliche Riff-Lawine, die die Band fast drei Jahre lang von Bühne zu Bühne und unter anderem auch ins Vorprogramm der Foo Fighters spülte.

Der Titel des zweiten Albums ist als Frage formuliert, mit „How Did We Get So Dark?“ suchen Royal Blood jedoch Antworten zu ganz anderen Fragen: Wie lässt sich der Erfolg des Debüts wiederholen, ohne ein zweites Debüt aufzunehmen? Und wie sehr kann man seinen Sound verändern, wenn man lediglich Bass, Schlagzeug und Gesang zur Verfügung hat? Deshalb sprachen wir mit Drummer Ben Thatcher über feuchtfröhliche Aufnahmesessions, Veränderungen im Sound von Royal Blood und die Sexyness von „How Did We Get So Dark?“.

MusikBlog: Ihr wart zwischen 2013 und 2015 fast durchgängig auf Tour. Habt ihr in dieser Zeit schon am Nachfolger „How Did We Get So Dark?“ gearbeitet?

Ben Thatcher: So richtig kam die Arbeit an unserem zweiten Album erst in Fahrt, als wir uns eine Auszeit vom ständigen Touren genommen haben. Aber natürlich haben wir auch in den drei Jahren immer wieder versucht, uns Zeit für neue Songs zu nehmen.

MusikBlog: Zunächst seid ihr nach Brighton zurückgekehrt, anschließend seid ihr außerdem nach Los Angeles und Nashville gereist, um an den neuen Songs zu arbeiten. Hat euch da wieder das Fernweh gepackt?

Ben Thatcher: Auf jeden Fall hat das eine Rolle gespielt. Wenn man so lange unterwegs war, fühlt es sich komisch an, plötzlich zuhause zu sein. Allerdings fühlen wir uns sowohl in Los Angeles als auch in Nashville beinahe heimisch, weil wir dort schon viel Zeit verbracht und viele Freundschaften geschlossen haben.

Wir konnten dort an Songs arbeiten und uns anschließend mit ein paar Freunden auf ein Bier treffen. So richtig produktiv waren diese Ausflüge jedoch nicht, der größte Teil des Albums ist erst entstanden, nachdem wir wieder nach Brighton zurückgekehrt sind. Dennoch waren sie hilfreich, weil wir uns wieder stärker auf unsere Arbeit konzentrieren konnten, nachdem wir eine Weile unterwegs waren.

MusikBlog: Waren die Sessions in Los Angeles auch deshalb nicht so produktiv, weil es dort so viele Ablenkungen gab? Ich habe gelesen, dass ihr mehr Zeit mit Feiern als mit Proben verbracht habt.

Ben Thatcher: Es war unvermeidlich, dass wir in LA eine tolle Zeit haben würden. Diese Stadt ist einfach Spaß pur, man kann dort so viele großartige Sachen erleben. Deshalb war es nicht unbedingt der geeignetste Ort auf der Welt, um zu arbeiten – das muss ich zugeben. (lacht) Aber ich glaube, dass es auch wichtig war, dass wir uns Auszeiten gegönnt haben und dass wir zwischendurch viel Spaß hatten.

MusikBlog: Trotz dieser Auszeiten habt ihr insgesamt über 50 Songs geschrieben, von denen nun zehn auf „How Did We Get So Dark?“ gelandet sind. Seid ihr bei eurem Debütalbum ähnlich vorgegangen?

Ben Thatcher: Nein, das war völlig neu für uns. Unser erstes Album war im Grunde eine Sammlung aller Songs, die wir seit unseren Anfangstagen als Band geschrieben hatten. Der komplette Schreib- und Aufnahmeprozess ist deshalb nicht vergleichbar.

MusikBlog: Und war es immer eine leichte Entscheidung, welche Ideen man verwirft und an welchen man weiter arbeitet?

Ben Thatcher: Ja, das war überraschend einfach. Von den zehn Songs, die wir letztendlich ausgewählt haben, waren wir so begeistert, dass wir überzeugt waren, dass sie einen Platz auf dem Album verdient haben.

MusikBlog: Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Alben ist vermutlich auch, dass ihr dieses Mal nach dem Überraschungserfolg eures Debüts mehr Druck verspürt habt.

Ben Thatcher: Naja, der Druck kam hauptsächlich von innerhalb der Band, aus unserem Umfeld haben wir das nicht wirklich wahrgenommen. Mike und ich wollten das beste Album schreiben, zu dem wir fähig sind, und wir wollten etwas aufnehmen, auf das wir wirklich stolz sind. Den Druck von außen konnten wir zum Glück schnell abschütteln.

MusikBlog: Wie genau sahen denn eure eigenen Ansprüche an das Album aus?

Ben Thatcher: Wir wollen mit den zehn neuen Songs die Entwicklung zeigen, die wir seit unserem Debüt genommen haben. Außerdem sollten die zehn Songs uns Spaß machen, wenn wir sie auf unseren Konzerten spielen.

MusikBlog: Als Duo aus Bassist und Drummer hat man nur eine limitierte Anzahl von Möglichkeiten, seinen Sound zu verändern. War es deshalb schwierig, sich auf „How Did We Get So Dark?“ nicht zu wiederholen?

Ben Thatcher: Wir wollten uns ja nicht komplett neu erfinden, man sollte nur die Entwicklung erkennen, die wir seit „Royal Blood“ genommen haben. Schließlich lieben wir immer noch den Sound und die Ästhetik unseres Debütalbums, wir wollten allerdings kein „Royal Blood 2“ aufnehmen. Das zu vermeiden, war aber nicht wirklich schwierig, weil es auch für uns als Duo unendlich viele Richtungen gibt, in die wir unseren Sound entwickeln können.

MusikBlog: Auf eurem neuen Album spielen Grooves eine größere Rolle, Songs wie „She’s Creeping“ klingen beinahe funky. Habt ihr deshalb dieses Album vorab als „sexy“ bezeichnet?

Ben Thatcher: So fühlt es sich jedenfalls an, wenn wir das Album live spielen. Die Songs sind eleganter, sind häufig nicht so aggressiv, sondern grooven dafür stärker. Wir hatten uns auch selbst das Ziel gesetzt, ein sexy Album aufzunehmen.

MusikBlog: Auf vier Songs verwendet ihr Keyboards, aber ansonsten beschränkt ihr euch weiterhin auf Bassgitarre und Schlagzeug. Habt ihr während der Arbeit an „How Did We Get So Dark?“ auch mit Gastmusikern oder weiteren Instrumenten experimentiert?

Ben Thatcher: Ja, das haben wir alles ausprobiert. Aber das einzige weitere Experiment, das wirklich auf dem Album gelandet ist, sind die Backing Vocals. Wir haben vorher nicht mit mehrstimmigem Gesang gearbeitet, das war ziemlich neu für uns. Und auch da mussten wir uns immer fragen, wie wir das live zu zweit umsetzen können. Bei allen anderen Neuerungen und Experimenten stellten wir allerdings fest, dass unsere Musik immer dann am druckvollsten klang, wenn wir all das wieder weggelassen haben.

MusikBlog: Aber warum dann die Keyboards in vier Songs?

Ben Thatcher: Sie bringen Abwechslung in unseren Sound, erweitern ihn um eine weitere Komponente, ohne dass wir unseren gewohnten Stil zu sehr verändern müssen. Wir setzen die Keyboards auf dem Album auch sehr gezielt und sparsam ein, etwa wenn der Fender-Rhodes-Sound „Hole In Your Heart“ eröffnet. Es ist ein überraschender Beginn, trotzdem klingt der Song anschließend nach Royal Blood.

MusikBlog: Ist es euch auch wichtig, dass ihr alles live als Duo umsetzen könnt, was ihr im Studio ausprobiert?

Ben Thatcher: Auf jeden Fall, das bleibt die wichtigste Regel. Im Grunde spielen wir unsere Alben auch live ein, für Bass und Schlagzeug benötigen wir meistens höchstens drei oder vier Takes.

MusikBlog: Also versteht ihr euch vor allem als Live-Band?

Ben Thatcher: Ja. Wir sind vor allem ins Studio gegangen, um anschließend neue Songs zu haben, die wir auf Tour spielen können. Das lieben wir am meisten, dafür spielen wir in dieser Band. Die Alben sind dabei Momentaufnahmen, wie die Band zu einem bestimmten Augenblick klingt, und auch das verändert sich vor allem dadurch, dass wir zwischen den Alben so viele Konzerte spielen.

MusikBlog: War es denn ermüdend, mehrere Jahre nur mit dem Material eines einzigen Albums zu touren?

Ben Thatcher: Es wurde nie langweilig, diese Songs live zu spielen, weil sie jedes Mal so viel Energie freisetzen. Trotzdem wünscht man sich als Band natürlich, mehr Songs zur Wahl zu haben, um öfter mal die Setlist für ein Konzert zu ändern. Aber dass wir so lange mit einem Album unterwegs waren, liegt ja auch daran, dass dieses Album so erfolgreich war. Insofern würden wir uns darüber nicht beklagen.

MusikBlog: Der Albumtitel „How Did We Get So Dark?“ war eine der ersten Zeilen, die Mike Kerr für das neue Album geschrieben hat. Hat sie die Stimmung des Albums vorgegeben?

Ben Thatcher: Es war wirklich eine der ersten Zeilen, allerdings haben wir lange nicht den passenden Song für diese Zeile gefunden. Trotzdem wussten wir, dass wir sie unbedingt auf dem Album unterbringen müssen, weil uns die Bedeutung und der Klang gefielen.

Letztendlich war der Titelsong des Albums der letzte, den wir geschrieben haben. Das Outro zu dem Song hatten wir zwar schon lange, aber die Parts davor wollten einfach nicht passen. Als Albumtitel klingt die Zeile zwar düster, aber wir fanden den Titel auch lustig, weil es eine schräge Frage ist.

MusikBlog: In seinen Lyrics spricht Mike Kerr häufig über sehr persönliche Themen wie zum Beispiel seine Beziehungen. Sprecht ihr über die Songtexte, wenn Mike sie dir im Proberaum zum ersten Mal präsentiert?

Ben Thatcher: Ja, das tun wir. Mike lässt sich wirklich meistens von eigenen Erfahrungen oder Erlebnissen inspirieren, allerdings sind das nicht seine einzigen Quellen für Lyrics. Dennoch kriegt man eine Vorstellung, was in Mikes Leben in den letzten Jahren los war, wenn man die zehn neuen Songs hört.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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