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Zugezogen Maskulin – Alle gegen Alle

„Alle Gegen Alle“. Von diesem Gesellschaftsspiel wussten schon DAF ein Lied zu singen, Slime war es einen ganzen Albumtitel wert. Auch Zugezogen Maskulin ist diese Blut-Pogo Variante nicht fremd, war zuletzt ihr „Alles Brennt“ mit klar verortetem Polit-Bashing nebst inkludiertem Angriff auf linke Komfortzonen auch eine bipolare Kampfansage.

Der Albumtitel klingt wie eine Fortsetzung des Vorgängers. Die Protagonisten wollten jedoch ausdrücklich keine Kopie von den Inhalten der letzten Platte liefern, schließlich gibt es im personalisierten Life-Style Wahnsinn genügend Angriffsfläche für weit mehr als in die 12 neuen Songs passte.

In diesem Sinn wettern Grim104 und Testo los. Die, die sich als Praktikanten in einer Rap-Magazin-Redaktion trafen, schießen gegen die Diktatur der Follower, Cloud Rap, Instagram und junge Leute im Allgemeinen. Zynisch, reflektierend und karikaturisierend legen sie ihre ungestelzten Texte über wummernde Basslines.

Vom „Intro“ weg, welches eingangs dem Atari Teenage Riot Geist sehr nahe kommt, blubbert das Adrenalin mit Hochdruck. Grim104 agitiert immer noch wie Klaus Kinski, giftet, wütet, und echauffiert sich derart, dass eine hedonistische Party-Crowd ihm besser im „Nachtbus“ nicht begegnet.

Das Duo schlägt Metaphern von der Entwicklungsgeschichte der Menschheit noch weit „Vor Adams Zeiten“ über das Ausgegrenzt-sein als „Teenage Werwolf“ im ländlichen Milieu, zur immer noch allgegenwärtigen DDR in „Uwe & Heiko“ oder „Steine & Draht“.

Eine Großtat wie die Großraumsiedlungs-Hymne „Plattenbau O.S.T.“ ist auf der Platte zwar nicht enthalten, dafür verdichtet sich das Album zwischen aller Dystopie im Schlussdrittel zum trotzigen Pro-Leben Statement.

Der Sound hat sich mit dem Wechsel von Buback zu Four Music nicht signifikant gewandelt. Dass Produzent Markus Ganter, inzwischen an allen wesentlichen Indie-Erscheinungen beteiligt, die Ägide übernahm, ändert an der schmutzigen Härte der Beats wenig. Trotzdem gibt es alternative Töne im Trap-Gewitter: melodische Synthieflächen, Glockenspiel, im Titelstück fast übermütig-poppig.

Zugezogen Maskulin sprechen mit der Stimme jener Teile einer Generation, für die es im Alphabet keinen Buchstaben mehr gibt. Die auch der „Müde Tod“ nicht erwischen wird.

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