Den echten Tod kann man nicht zu Kunst machen. Wenn jemand da ist, und dann plötzlich nicht mehr. So oder so ähnlich leitete Phil Elverum, Mount Eerie, sein letztjähriges Album “A Crow Looked At Me” ein, in dem er die Geschichte des Todes seiner Frau und der Zeit danach frei von Metaphern erzählt. All die Alltäglichkeiten, die die Wunde nur noch weiter und echter erscheinen lassen, beschreibt er haargenau und immer in chronologischer Zuordnung zu seinem Verlust.

Ein Jahr später veröffentlicht Mount Eerie wieder ein Album. “Now Only” heißt es und thematisch kann es so kurz nach “A Crow Looked At Me” kaum etwas anderes behandeln als die große Liebe Elverums.

Schon zu Beginn des ersten Lieds “Tintin In Tibet” nennt Elverum seine Frau beim Namen, und fragt sich, mit wem er eigentlich redet, wenn er ihr jetzt noch Liebesgeständnisse macht. Er selbst sagte im letzten Jahr, dass seine Songs bis zu diesem einschneidenden Erlebnis immer die Phänomene und die Möglichkeiten der Natur zum Thema hatten, Symbole, die in der echten Welt existieren.

“A Crow Looked At Me” machte ihm deutlich, dass es für poetische Symbole noch zu früh war. Schon “Tintin In Tibet” macht den Anschein, dass er jetzt zwar keinen Weg, jedenfalls aber einen kleinen Pfad gefunden hat, seiner Frau ein poetisches Denkmal zu setzen. In gemeinsamen Erinnerungen findet Elverum Geschichten, die er, nur von der Gitarre begleitet, erzählen möchte. Er las seiner Frau das Buch Tim in Tibet vor, erzählt von ihrem ersten Treffen und Orangen am ersten Morgen.

“Distortion” beginnt mit einer verzerrten Gitarre und behandelt, diesmal auch mit dem Piano, die Lebensgeschichte Elverums und die Position seiner Frau darin. Kleine Erinnerungen, in denen sie nur die Nebenrolle spielt, klingen in diesem zehn Minuten langen Track wie die Vergewisserung, dass alles wirklich echt war.

Der Versuch, allem ein wenig Sinn zu verleihen, führt in “Now Only” sogar zu einem fast aufbauenden Refrain morbider Realität. Geschichten über die Absurdität, Lieder über den Tod seiner Frau auf einem Festival jungen Menschen vorzusingen und dabei neben Skrillex untergebracht zu werden, unterbrechen diesen beklemmenden, weil zynisch-euphorischen, Teil des Liedes.

Natürlich verleiht ein Album einem Schicksalsschlag, der das ganze Leben eines Künstlers durcheinander gebracht hat, keinen Sinn. Aber wo “A Crow Looked At Me” noch beinahe ausschließlich die zermürbende Realität der ersten Wochen und Monate zum Thema hatte, ist “Now Only”, ganz seiner Fotoalbum-Optik entsprechend, ein Album der gemeinsamen Erlebnisse und Erfahrungen.

“Crow, Pt. 2” und der Titeltrack erzählen auch Geschichten des letzten Jahres. Die sind aber nicht mehr so sehr an die physische Erfahrung des Todes gebunden, wie sie es das letzte Album fast durchgängig waren.

Vielleicht bleibt die Hoffnung, dass die Schönheit der eigenen Vergangenheit auch die Augen für die Zukunft wieder öffnen kann. Es gibt selten persönlichere Alben, die so schwer zu hören und in ihrer Ehrlichkeit wunderschön sind. Ein angebrachtes Schlusswort gibt es nicht.

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