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Alexis Taylor – Beautiful Thing – Pop-Nerd auf Reise

Bisher hat Alexis Taylor die Bedeutung des Wortes „Soloalbum“ sehr ernst genommen. Wo Alexis Taylor draufstand, war auch Alexis Taylor drin. Für „Await Barbarians“ spielte er 2014 alle Instrumente selbst ein, auf „Piano“ auch, aber da war außer seiner Falsett-Stimme sowieso nur noch das namensgebende Klavier zu hören.

Das ändert sich nun mit dem vierten Album. Für „Beautiful Thing“ lud sich der Hot-Chip-Frontmann mit den stets viel zu großen Brillen nicht nur Musiker wie Neil Hagerty oder Emma Smith ins Studio, sondern arbeitete erstmals mit einem Produzenten, dem ehemaligen UNKLE-Mitglied und Gründer von Mo‘ Wax Tim Goldsworthy.

Dennoch klingen die zehn Songs von „Beautiful Thing“ unverkennbar nach Alexis Taylor, auch wenn die Unterschiede zu den Vorgängern ebenso offensichtlich sind. Bisher nutzte der Londoner Musiker seine eigenen Alben als Spielwiese, auf der musikalische Ideen nicht so penibel ausformuliert werden mussten wie beim perfektionistischen Dance-Pop seiner Hauptband.

Jeder Song auf „Await Barbarians“ klang ungeschliffen, beiläufig, manchmal sogar unfertig. Auf „Beautiful Thing“ hört man Taylors Liebe für Improvisation nur im stampfenden Jam „Suspicious Of Me“, der direkt aus dem Dub-Song „Roll On Blank Tapes“ entwächst.

Zum ersten Mal klingen die Songs von Alexis Taylor solo nicht nur so verspielt wie die von Hot Chip, sondern dank Tim Goldsworthy auch ebenso sauber ausformuliert und produziert.

Für knapp 48 Minuten nimmt uns Pop-Nerd Taylor mit auf eine Reise durch seine liebsten Genres. Eine Reise, die hektisch und aufgewühlt beginnt, aber in beinahe vollständigem Stillstand endet. Zu Beginn täuschen der Dub-Disco-Bastard „Dreaming Another Life“, der immer wieder von einem Gitarrenriff zersägt wird, sowie der Titeltrack mit synkopiertem House-Piano und Acid-Bass ein Tanzalbum vor.

Doch dann biegt „Beautiful Thing“ auf viele kleine Nebenpfade ab. Die Single „Oh Baby“ ist nicht nur eine schöne Hommage an den unkaputtbaren Pop von Paul McCartney, sondern auch ein überraschend einfaches und unironisches Liebeslied.

„A Hit Song“ zielt nicht – wie der Titel vorgaukelt – auf die Tanzfläche, sondern will ebenso wie „Oh Baby“ ins Herz treffen. Der Song ist außerdem eine Rückkehr zum Sound des Klavieralbums „Piano“ aus dem Jahr 2016.

Doch auch hiervon entfernt sich das Album schnell wieder und nimmt zum Schluss noch eine letzte Abbiegung. Im letzten Drittel von „Beautiful Thing“ lebt Alexis Taylor seine Liebe für Ambient und minimalistische Kompositionen aus:

„There’s Nothing To Hide“ oder „Out Of Time“ sind eher sanfte Meditationen als klassisch strukturierte Songs. Gleichzeitig sind sie das wunderschöne Ziel einer Reise, die sich lohnt. Für Alexis Taylor und den Hörer.

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