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Luluc – Sculptor

“Sculptor” von Luluc klingt wie die distanzierte Betrachtung eines heranwachsenden Kindes. Wie im Zeitraffer verliebt es sich, steht verkatert vor der eigenen Haustür und kramt nach dem verlorenen Schlüssel, der irgendwo in einem Graben liegt.

Das Album begleitet die bedrückende Erkenntnis dieses Kindes, dass es auf dem Land niemals glücklich werden wird, sich nicht verstanden fühlt und nichts mehr möchte, als auszubrechen. Das Album zeichnet den Ausbruch und die Ernüchterung, die eintritt, weil dieses Kind, das mittlerweile erwachsen ist, auch in der großen Stadt unglücklich sein kann.

So eine melodramatische Einleitung könnte die Vermutung aufkommen lassen, “Sculptur” klinge gekünstelt, jugendlich und leicht. Die Vermutung ist falsch.

Das neue Album des Duos aus Melbourne klingt vielmehr wie das eines Art-Rock-Projekts, das sich seiner schweren Gitarren entledigt hat, und diese mit Piano, Orgel und Synths ersetzt. Außerdem nicht, wie das vertonte Tagebuch dieses Kindes, sondern wie die metaphorisierte Studie sehr erfahrener Erwachsener. Dass Luluc schon The National, Father John Misty und Fleet Foxes bei Live-Auftritten unterstützten, überrascht also nicht.

Der Diskursfolk der Australier findet seinen Höhepunkt in “Controversy”. In der unvergleichbaren Mittelmäßigkeit vorstädtischer Pseudo-Idylle besingt Zoe Randell das Bedrückendste aller Gefühle. Dort wo die Menschen weder reich noch arm, weder mutig noch schüchtern und weder schön noch hässlich sind, entsteht ein Vakuum.

Ein Vakuum der Sorglosigkeit, eines Konfliktmangels und der Neidlosigkeit. Neidisch ist man als Rebell in dieser Welt auf diejenigen, die nicht dort sind, die man nicht kennt, die in einem den Wunsch entzünden, nicht mehr dort zu sein. Ist der Wunsch dann erfüllt, findet man sich in einer Welt wieder, in der man so normal ist wie jeder andere.

Luluc zeichnen auch in Songs wie “Me And Jasper” und “Heist” das, in stetiges, gedankenverlorenes Gitarrenspiel gehüllte, Bild des Verpassens, des Nicht-Verstanden-Werdens. Zynismus wäre zu negativ ausgedrückt, Melancholie zu rückwärtsgewandt. Stattdessen ist es das Abfinden damit, optimistische und resignierte Gedankenspiele mit jemandem teilen zu können.

Damit findet sich zwischen all dem Weltschmerz, den Luluc auf “Sculptor” verarbeiten, die Erkenntnis, dass es eine Sache gibt, die den ganzen verwirrenden Zustand erträglicher machen kann. Das Abwenden von Einsamkeit, das gemeinsame Betrauern gesellschaftlicher Stagnation.

Musikalisch sind Luluc nicht so wandelbar wie The National, nicht so monoton wie Father John Misty, nicht so klerikal wie London Grammar. Inhaltlich sollte das Album jeden ansprechen, der in seiner Jugend selbst unfreiwillig zum unverstandenen Rebell wurde, sei es auf dem Dorf, in der Vor- oder in der Großstadt.

Zitat aus “Kids”: “Take off that filthy punk rock tee, we know your name and where you live.”

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