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FLUT – Global

Gab es da nicht mal so ein Experiment, in dem ein Hund darauf konditioniert wurde, bei einer klingenden Glocke Appetit zu bekommen? Wanda und Bilderbuch haben dafür gesorgt, dass bei österreichischem Akzent das gleiche bei uns passiert. In Erwartung modern klassischer Gitarrenmusik läuft uns das Wasser jetzt sogar schon im Mund zusammen, wenn wir mal versehentlich durch den ORF zappen.

Dann sind wir enttäuscht, genau wie der Hund, der trotz Glocke nichts zu Futtern bekommt! Wo bleibt das Futter? Flut bringt Futter. Mit „Global“, ihrem ersten Album.

Mutige These: Der österreichische Akzent wandelt sich zu dem, was der britische für die englische Sprache ist. Qualitätsmerkmal – fesch klingt er ja sowieso.

Jugendliche Großväterlichkeit („Schwimm los, mein Kind“) wie man sie sonst von Bilderbuch kennt, paart sich in „Unterwasser“ mit Kassettendeck-Romantik, Urban-Crime-Charme im Stile der küstennahen Drei ???.

Kein Wunder, dass am Ende des Songs die Wellen der Flut auf Land treffen und den kooksesken Song „Cocktailbar (Wie ich dich beneid)“ einleiten. So sanft und genügsam, wie Flut in diesem Song klingen, peitschen in „Agent 08“ Disco-Beats hinter pathetischem Gesang. Das Erbe Falcos vermählt sich mit der Energie der Soundtracks futuristischer Rennspiele aus den 90ern.

„1000 Jahre Permafrost“ ist das Interlude, das dieses Album verdient hat, an dessen Ende die Stimmung auftaut, aber auf „Alles“ immer noch in endzeitlicher Trägheit dahintreibt. Die schwitzig temperamentvolle und notwendige Folge der kollektiven Coolheit.

Das Wetter ist sowieso zentraler Bestandteil von dem Album: „Regen“, „Sommer in Mumbai“ und „Eiszeit“ ergänzen als Schlusstriumvirat das thermozentrische Album. „Eiszeit“ bleibt episch und hymnisch und konserviert den Zustand des Tauens.

Flut machen auf „Global“ Musik, die paradox und offensichtlich zugleich ist. Paradox, weil auf die internationale Inszenierung, samt Cover und Titel, eine Soundästhetik trifft, die sehr nach der Wiener Schule klingt, klassisch ist und kontemporäre sowie historische Vorbilder nicht nur subtil integriert.

Offensichtlich, weil gleich der erste Satz von „Stadt am Draht“ Erwartungen schürt, die auch erfüllt werden. Der Pawlowsche Hund in uns wurde nicht enttäuscht und der österreichische Akzent profiliert sich weiterhin als Garant für Neues – bis wir im Wahn sogar zum ORF tanzen.

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