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Julia Holter – Aviary

Kein deutsches Wort existiert für „Aviary“, nur das originale französische „Voliere“ – ein Vogelkäfig in dem mehr oder weniger Platz zum Fliegen herrscht. Und die bildliche Vorstellung gibt auch eine ganz solide Vorstellung von Julia Holters fünften Studioalbum, einem 130-minütigen Doppelalbum voller Geflatter und Geflirre.

Die aus Wisconsin stammende Wahlkalifornierin ist längst zur festen Größe im Bereich Avantgarde geworden – Musik, die man pop-musikalisch genießt und „runterkonsumiert“ ist von der jungen Frau aus Los Angeles nicht zu erwarten.

Kein Wunder, Julia Holter hat einen Abschluss in Elektronischer Musik am California Institute of the Arts, sie versteht was von komplexen Klangwelten.

So ist „Aviary“ eher Kunst- als Pop-Werk und dementsprechend schwer genau zu rubrizieren. Es liegt konzeptuell einer Kurzgeschichte namens „I found myself in an aviary full of shrieking birds“ der Schriftstellerin Etel Adnan zu Grunde. Metaphorisch ist Holters Doppelalbum eine gelungene Vertonung dessen, was man sich unter diesen Titel vorstellt.

Leider ist das mehr als zweistündige Gewirr aus Trompeten, Dudelsäcken, Streichen, Synthies und Piano-Klängen für mich nicht zu entknoten. Eine Melange aus Respekt und Überforderung stellt sich diesmal mehr ein als alles andere.

Eine ähnlich agierende Joanna Newsom wäre als Gegenpolreferenz zu benennen. Ähnlich avantgardesk, ähnlich eigentümlich und besonders, ertönt Newsoms Kunst-Musik akustisch kompakter, thematisch einheitlicher, inhaltlich um einiges homogener.

Auf „Aviary“ zwitschert Holter irgendwo zwischen der Mutter aller Avantgarde-Musen Kate Bush, der Electro-Experimental-Extremistin Björk und manchmal den seicht-berührenden Klängen einer Feist hin und her.

Alles Top-Referenzen, aber „Aviary“ generiert auf komplette Länge damit leider eher Kopfschmerzen als träumerisches Hochgefühl.

In kleinen Dosen genossen indes, zeigt sich durchaus ein Potenzial auf „Aviary“: halb so lang, mit einer konzeptuellen Verdichtung an Themen und Melodien, hätte es großes Avantgarde-Kino werden können.

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