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Lafote – Fin

„Ich habe keine Kraft mehr!“. Ohne Aufwärmen gleich in der ersten Sekunde mitten rein in die 11 Tracks. „Aber was rede ich vom Kaputtgehen, wo doch alles schon in Scherben liegt“. Im Video reitet Sänger Jakob Groothoff zu dieser Hymne der Ablehnung von der Alten Post zum Hamburger Rathaus, vorbei am ganzen Luxus. Ohne Sattel, auf einem Schimmel. „Das ist nicht die Welt, die ich umarmen will“.

Lafote, drei Jungs aus Hamburg. Jakob Groothoff an Gitarre und Micro, Stefan Kühl am Bass und Malte Zimmermann am Schlagzeug. Vor vier Jahren gefeiert auf Tour mit Trümmer.

Jetzt endlich das Debütalbum „FIN“. Schlechte Laune in den Texten. Gute Laune im Sound. Die Musik bejaht das Leben, das sie in ihren Texten gnadenlos zerlegen.

Klassischer Post-Punk eröffnet. Schon der zweite Track „Jeden Tag werde ich mehr unsichtbar“ zeigt die eigene Handschrift. Der Bass blubbert, unterstützt vom Schlagzeug tief vor sich hin. Die Gitarre darüber abgehackt, hektisches Hüpfen, Stakkato. Wenig schrammelig, ohne Ruhe.

„Zündschnur“, ein paar Tracks später, legt den nächsten drauf, die Gitarrenmelodie bringt jazzige Attitude. Bass und Drums transformieren die Pausen immer wieder aufs Neue in ein klares Vorwärts.

Gern verglichen mit Isolation Berlin, Karies, Die Nerven. Stimmung am ehesten noch nahe den frühen Isolation Berlin, als die noch wütend waren. Die Musik trotzt den Vergleichen, ein eigener Stil.

Tanzbarer Post-Punk wird unterbrochen von noisigen Stellen und dann wieder zusammengesetzt. Ab und zu blitzt ein bisschen Jazz verschmitzt aus dem Hintergrund. Die hektisch hüpfende Gitarre oft im Zentrum der Aufmerksamkeit. Der roter Faden, die musikalische Freude an der textlichen Kapitulation.

„Knoten“ ein Highlight. Ein hektisch übereiltes Uhrwerk rennt unaufhaltsam los. Wenig Tonmodulation, der Takt beherrscht. Auch im Gesang. „Ich habe Knoten in meinem Kopf. Und ich weiß nicht was ich tun soll.“ Repetitiv, ein einziger Satz, immer wieder.

Gefühlt immer schneller. Bis sich der Takt in saugend arrhythmische Passagen zerlegt. Um noch treibender wieder aufzuerstehen. Am Ende kannibalisiert sich das Stück selber in Noise und eindringlichem Flüstern. Der Abschlusshall hinterlässt Leere.

Das Aufwärmen nachgeholt im Schlusstrack „Wir könnten sagen, es ist gut so wie es ist“. Warme, düster romantische Percussion. Der Bass wummert gemütlich darunter, die Gitarre lieblich getragen gezupft.

Besänftigend besingt Groothoff im Konjunktiv mögliche Ignoranz gegenüber allem, was frustriert. Es könnte uns alles so egal sein, machen kann man eh nix. Würde nicht subtil einsetzender Noise den Konjunktiv sukzessive und lärmig auffressen.

Und es geht wieder los. Gleicher Text, neu interpretiert durch die Musik. Nichts ist egal. Jetzt sind wir reif, um aufgewärmt von vorn anzufangen.

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